21.10.2024
Frankfurts verschwundene Edelpunks Wohin verschwanden die Ikonen der 80er Jahre

Die Kinderläden sind noch da. Genauso wie die Secondhandläden und die vielen Cafés. Die Grünen-Wähler sowieso. Und auch die Altachtundsechziger sind noch immer gut vertreten. Wen man dagegen im Frankfurter Stadtteil Nordend heute nicht mehr antrifft, das sind die „Edel-Punks“. 1987 waren sie noch auf dem Weg, zur bestimmenden Kraft im Viertel zu werden. Als eine „neue Generation“, die „sprachlos mit den Medien anonymer Kommunikation“ posiert, mit „Kleidung, Haarschnitt, Uhren, Sonnenbrillen, Feuerzeugen, Zigaretten und Autoschlüssel“, beschreibt sie der Autor Willi Hau im Reiseführer „Frankfurt zu Fuß – 20 Rundgänge durch Geschichte und Gegenwart“. Sie tragen keine Flickenjeans mehr, sondern „schwarze Ringe unter den Augen und Edel-Punk-Utensilien in Schwarz“. Und sie setzen auch ganz andere Prioritäten. „Weniger der kritische Dialog, der ökopolitische Diskurs sind gefragt als das Design am Körper“, schreibt Hau. Dass er von dieser neuen Spezies wenig hält, daraus macht er kein Geheimnis.

Doch wo sind sie nun, die Edel-Punks von einst? Haben sie sich, wie viele ihrer Vorgängergenerationen, dem bürgerlichen Leben angepasst? Sind aus den schwarzen Ringen unter den Augen die Lachfältchen von Anwälten, Ärzten und Lehrern geworden?

Es ist durchaus wahrscheinlich, dass viele Edel-Punks ihren einstigen Lebensstil aufgegeben haben. Die Provokation durch teure Markenklamotten in der Punk-Szene verlor wohl irgendwann ihren Reiz. Die wirtschaftlichen Realitäten des Lebens holten sie ein, und der Wunsch nach einem geregelten Leben mit Familie und Karriere wurde stärker.

Dennoch: Ganz verschwunden sind die Edel-Punks nicht. Vielleicht sieht man sie nicht mehr in zerrissenen T-Shirts und mit Irokesenschnitt auf den Straßen, aber der Geist der Individualität und des Stilbewusstseins, der sie einst antrieb, lebt in anderer Form weiter. In den Designern, die mit Konventionen brechen, in den Künstlern, die sich nicht in Schubladen stecken lassen, in den Freigeistern, die ihren eigenen Weg gehen. Sie alle tragen ein Stück weit das Erbe der Edel-Punks in sich.

Und wer weiß, vielleicht taucht ja doch mal wieder einer dieser Exoten im heutigen Nordend auf. Mit grauen Schläfen und einem Hauch von Nostalgie in den Augen, wenn er an die wilden Zeiten zurückdenkt, als er noch mit seinen „Edel-Punk-Utensilien in Schwarz“ durch die Straßen zog.

Quellen:

  • Hau, Willi: Frankfurt zu Fuß – 20 Rundgänge durch Geschichte und Gegenwart. VSA-Verlag, Hamburg 1987
  • https://www.faz.net/aktuell/rhein-main/frankfurt/frankfurt-zu-fuss-40-jahre-alter-reisefuehrer-ueber-das-nordend-110059005.html
  • https://www.gutefrage.net/frage/unterschiede--punks-und-edel-punks
  • https://www.fashiontwist.de/2014/01/30/mainstream-punk/
  • https://www.swr.de/swrkultur/film-und-serie/millennial-punk-in-der-ard-mediathek-die-chronik-einer-totgeglaubten-subkultur-100.html
  • https://www.derbund.ch/die-edelpunks-von-nebenan-265747841705
  • https://www.uibk.ac.at/de/newsroom/2019/die-edel-punks-im-berlin-der-20er/
  • https://www.tagesanzeiger.ch/die-edelpunks-von-nebenan-265747841705
  • https://aggressivepunkproduktionen.de/releases/Bon%20Apathie
  • https://www.rnd.de/panorama/westerland-der-letzte-sylt-punker-macht-jetzt-politik-EA2YNAWTKZGH3C253FRUKNNKNM.html
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