19.10.2024
Gendersprache im Landkreis Rotenburg: Ein Schritt zur Sichtbarkeit von Frauen in der Verwaltung

Gendersprache: Landkreis Rotenburg will nur noch weibliche Dienstbezeichnungen nutzen

Der Landkreis Rotenburg (Wümme) in Niedersachsen hat beschlossen, in einer internen Verwaltungsvorschrift künftig ausschließlich weibliche Dienstbezeichnungen zu verwenden. Diese Entscheidung ist Teil eines Bestrebens, die Geschlechtergerechtigkeit in der Verwaltung zu fördern und die Sichtbarkeit von Frauen in beruflichen Kontexten zu erhöhen. Die überarbeitete Allgemeine Dienst- und Geschäftsanweisung, die ab Anfang Oktober 2024 in Kraft tritt, wird anstelle des generischen Maskulinums konsequent das Femininum verwenden.

Die Initiative zu diesem Schritt kam von Landrat Marco Prietz, der auf die Problematik der alleinigen Verwendung männlicher Schreibweisen hinwies. Prietz äußerte, dass die durchgehende männliche Form ihm im Jahr 2024 ein gewisses Unbehagen bereitet habe. Er betonte, dass in der Kreisverwaltung in den vergangenen Jahrzehnten erhebliche Fortschritte in der Gleichstellung von Männern und Frauen erzielt worden seien. So würden drei von vier Dezernaten von Frauen geleitet, und die Mehrheit der rund 1100 Beschäftigten sei weiblich.

In der neuen Vorschrift wird beispielsweise nicht mehr von „Dezernent“ gesprochen, sondern durchgehend von der „Dezernentin“. Prietz erklärte, dass der Landkreis für eine bessere Lesbarkeit und Verständlichkeit der Dokumente weiterhin nur ein Geschlecht verwenden wolle, um eine barrierearme, leicht zugängliche Sprache zu gewährleisten. Ein redaktioneller Hinweis am Anfang der Vorschrift wird klarstellen, dass die Verwendung der weiblichen Bezeichnungen alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter umfasst.

Reaktionen auf die Entscheidung

Die Entscheidung des Landrats hat sowohl positive als auch kritische Reaktionen hervorgerufen. Prietz berichtete, dass sein Post zu diesem Thema auf Instagram sowohl wohlwollende Rückmeldungen als auch offene Ablehnung hervorgerufen habe. Der Landesfrauenrat Niedersachsen äußerte jedoch Bedenken und bezeichnete den Vorstoß als unpräzise. Die Vorsitzende Barbara Hartung erklärte, dass die Einführung des Femininums als ausgleichende Gerechtigkeit nach Jahrhunderten des generischen Maskulinums betrachtet werden könne. Sie betonte jedoch, dass eine generelle Regelung, die nur das Femininum verwendet, nicht befürwortet werde. Vielmehr plädiere der Landesfrauenrat für eine geschlechtergerechte Sprache, in der sowohl Frauen als auch Männer sichtbar werden.

Es ist wichtig zu betonen, dass der Sprachgebrauch der Behörde außerhalb der Dienstanweisung nicht geändert wird. Der Schriftverkehr und die Ansprache an Bürgerinnen und Bürger sollen weiterhin in der Form erfolgen, die diese wünschen. Dies bedeutet, dass alle Anredeformen, die von den Bürgern bevorzugt werden, respektiert werden.

Gesellschaftliche Debatte um Gendersprache

Die Debatte um gendergerechte Sprache ist in Deutschland ein kontroverses Thema. Während einige die Einführung weiblicher Bezeichnungen als notwendigen Schritt zur Gleichstellung der Geschlechter ansehen, gibt es auch kritische Stimmen, die der Meinung sind, dass solche Maßnahmen nicht ausreichen, um die tatsächliche Gleichstellung zu erreichen. In der öffentlichen Diskussion wird oft auf die Schwierigkeiten verwiesen, die mit der Verwendung geschlechtergerechter Sprache verbunden sind, insbesondere in Bezug auf die Lesbarkeit und Verständlichkeit von Texten.

Die Entscheidung des Landkreises Rotenburg ist Teil eines größeren Trends, der in vielen öffentlichen Verwaltungen und Institutionen zu beobachten ist. Immer mehr Einrichtungen setzen sich mit der Frage auseinander, wie sie geschlechtergerechte Sprache in ihre Kommunikation integrieren können. Dies geschieht oft in einem Spannungsfeld zwischen dem Wunsch nach Gleichstellung und der Notwendigkeit, klare und verständliche Informationen bereitzustellen.

Fazit

Die Einführung ausschließlich weiblicher Dienstbezeichnungen im Landkreis Rotenburg ist ein unkonventioneller Ansatz in der laufenden Debatte über gendergerechte Sprache. Während die Maßnahme von einigen als Fortschritt in Richtung Gleichstellung angesehen wird, bleibt die Diskussion über die beste Art und Weise, geschlechtergerechte Sprache zu verwenden, weiterhin lebhaft. Die Reaktionen auf diese Entscheidung werden sicherlich auch in Zukunft beobachtet werden, da die Gesellschaft weiterhin nach Wegen sucht, um Geschlechtergerechtigkeit zu fördern und gleichzeitig die Verständlichkeit und Zugänglichkeit von Sprache zu gewährleisten.

Quellen: dpa, NDR

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