1.12.2024
Georgiens Verfassungskrise: Machtkampf um die Präsidentschaft

Machtkampf in Georgien: Präsidentin Surabischwili verweigert Amtsübergabe

Die politische Krise in Georgien verschärft sich. Präsidentin Salome Surabischwili, eine Unterstützerin der proeuropäischen Protestbewegung, kündigte in einer Videobotschaft an, ihre Amtsgeschäfte nicht zu übergeben, solange keine legitim gewählte Regierung im Amt sei. „Ich bleibe Ihre Präsidentin“, zitiert die georgische Agentur Interpressnews Surabischwili. Sie argumentiert, ein nicht rechtmäßiges Parlament könne keinen neuen Präsidenten oder eine neue Präsidentin wählen. Wie die FAZ berichtet, sieht Parlamentspräsident Schalwa Papuaschwili das Ende von Surabischwilis Amtszeit am 16. Dezember. Die Präsidentin hingegen betrachtet die Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße Amtsübergabe als nicht erfüllt.

Auslöser des Konflikts ist die von Manipulationsvorwürfen überschattete Parlamentswahl Ende Oktober. Der Tagesanzeiger berichtet, dass seitdem ausschließlich Abgeordnete der prorussischen Regierungspartei „Georgischer Traum“ an den Sitzungen teilgenommen haben. Die Opposition boykottiert das Parlament. Mehrere georgische Juristen halten die Parlamentssitzungen für verfassungswidrig, da das Verfassungsgericht noch nicht über eine Wahlbeschwerde Surabischwilis entschieden hat. Die Präsidentin selbst hatte die erste Sitzung des neuen Parlaments für ungültig erklärt, da ihrer Ansicht nach die Einberufung der ersten Sitzung durch die Präsidentin erfolgen muss.

Das Parlament verabschiedete in dieser Woche einen Entschließungsentwurf, der die Präsidentenwahl für den 14. Dezember und die Amtseinführung für den 29. Dezember vorsieht. Die Wahl des Staatsoberhaupts soll erstmals nicht direkt durch das Volk, sondern indirekt durch die Abgeordneten des Parlaments und regionale Vertreter erfolgen. Sowohl Surabischwili als auch die prowestliche Opposition erkennen das offizielle Ergebnis der Parlamentswahl vom 26. Oktober, bei der die Regierungspartei „Georgischer Traum“ mit etwa 54 Prozent der Stimmen als Sieger hervorging, nicht an. Die Opposition hat angekündigt, ihre Mandate nicht anzunehmen. Seit der Wahl finden fast täglich Proteste in Tiflis und anderen Städten Georgiens statt.

In einem Interview mit Sky News am Sonntag erklärte Surabischwili, die Menschen protestierten gegen „gestohlene Wahlen nach sowjetischem Muster“. Sie bezeichnete die landesweiten Demonstrationen zehntausender Menschen als friedliche Proteste und nicht als Revolution. Laut dpa wurden bei den jüngsten Demonstrationen über 100 Menschen bei Auseinandersetzungen mit der Polizei festgenommen. In Tiflis konnten sich am Samstag erstmals Journalisten aus den Reihen der Demonstranten in einer Livesendung des Rundfunks äußern, wie ein Blog der Opposition berichtete. Das Innenministerium warnte die Demonstranten vor angeblich geplanten weiteren Gewalttaten und forderte sie zur Einhaltung der Gesetze auf.

Die Lage in Georgien bleibt angespannt. Der Machtkampf zwischen der proeuropäischen Präsidentin und der prorussischen Regierung dauert an, während die Bevölkerung für eine proeuropäische Zukunft demonstriert. Die Zeit berichtet, dass es bereits im September einen gescheiterten Versuch der Regierungspartei gab, die Präsidentin ihres Amtes zu entheben.

Quellen:
  • https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/georgiens-praesidentin-will-amtsgeschaefte-nicht-uebergeben-110145719.html
  • https://www.tagesanzeiger.ch/georgiens-praesidentin-will-amtsgeschaefte-nicht-uebergeben-593011862351
  • https://www.zeit.de/politik/ausland/2023-09/georgiens-praesidentin-salome-surabischwili-droht-amtsenthebung-nach-eu-treffen
  • https://www.nzz.ch/international/abchasiens-praesident-tritt-zurueck-ehemaliger-kgb-offizier-muss-klein-beigeben-ld.1858101
  • https://www.zeit.de/politik/ausland/2023-10/georgien-regierung-scheitert-amtsenthebung-praesidentin
  • https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/fdp-der-d-day-und-das-ampel-aus-jeder-hat-ein-narrativ-110142140.html
  • https://de.usembassy.gov/de/warum-liegen-wahl-und-amtseinfuehrung-des-us-praesidenten-zeitlich-so-weit-auseinander/
  • https://www.deutschlandfunk.de/nachrichten/barrierefrei
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