Die Proteste gegen das Ergebnis der Parlamentswahl in Georgien vom 26. Oktober dauern an. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) berichtet, lösten Sicherheitskräfte am Dienstagmorgen, den 19. November, ein Protestlager in Tiflis auf. Die Demonstranten hatten dort gegen die ihrer Ansicht nach manipulierte Wahl demonstriert, bei der die Regierungspartei „Georgischer Traum“ den Sieg errang. Mindestens 16 Personen wurden festgenommen, darunter auch Mitglieder des Oppositionsbündnisses „Koalition für den Wandel“. Laut FAZ waren neben einer großen Anzahl von Polizisten auch Spezialkräfte im Einsatz. Beobachter berichteten, dass sich die Demonstranten nicht gewehrt hätten.
Die Opposition wirft der Regierungspartei „Georgischer Traum“ Wahlmanipulation vor und erkennt das Ergebnis nicht an. Auch Georgiens Präsidentin Salome Surabischwili, die als proeuropäisch gilt, hat das Ergebnis nicht anerkannt und strebt Neuwahlen an. Wie die Tagesschau berichtet, hat die Wahlkommission nach Auszählung aller Stimmen den Sieg der Regierungspartei „Georgischer Traum“ mit 53,93 Prozent der Stimmen bestätigt. Die Oppositionsparteien kamen demnach zusammen auf 37,79 Prozent. Die Opposition wirft der Regierung vor, Georgien von der EU zu entfernen und wieder stärker an Russland anzunähern. Auch internationale Beobachter haben Unregelmäßigkeiten und Verstöße bei der Wahl festgestellt. Die Europäische Union hat eine Untersuchung der Vorwürfe gefordert.
Die Süddeutsche Zeitung (SZ) berichtete ebenfalls über die Auflösung des Protestcamps in Tiflis und veröffentlichte ein Video, das die gewaltsame Auflösung der Proteste durch die Polizei zeigt. In Tiflis finden seit Wochen nahezu täglich Proteste statt, zu denen die Opposition aufgerufen hat. Sie behauptet, dass bei der Parlamentswahl am 26. Oktober betrogen wurde und bestreitet den Sieg der Regierungspartei „Georgischer Traum“.
Der Farang meldet ebenfalls die Auflösung des Protestcamps und die Festnahmen. Die Proteste in der Innenstadt von Tiflis dauerten auch am Dienstagvormittag an. Anhänger der prowestlichen Opposition demonstrierten seit Sonntag in Tiflis mit einem Zeltcamp gegen das offizielle Wahlergebnis. Georgische und internationale Beobachter hatten zahlreiche Verstöße bei der Wahl festgestellt. Die prowestliche Opposition, die sich in mehreren Wahlbündnissen zusammengeschlossen hatte, rief nach der Wahl zu Protesten auf.
PULS 24 berichtet, dass Präsidentin Surabischwili vor dem Verfassungsgericht gegen das Wahlergebnis vorgehen will. Grund seien die „weit verbreiteten Verstöße gegen das Wahlrecht und das Wahlgeheimnis“. Surabischwili sprach von systematischem Betrug nach „russischer Methodik“. Sie werde das Dekret zur Einberufung des Parlaments nicht unterzeichnen und forderte Neuwahlen. Es gab erneut Proteste gegen das Wahlergebnis. Die Polizei löste eine Sitzblockade vor der staatlichen Universität in Tiflis gewaltsam auf. Demonstrierende, die georgische und EU-Flaggen hielten, wurden geschlagen und weggetragen.
Das ZDF berichtet, dass die Proteste in Georgien bislang wirkungslos geblieben sind. Die Opposition suche nach Strategien, die Proteste nähmen nur langsam Fahrt auf. Die Regierungspartei sitze die Debatten um die Wahl bislang einfach aus. Ende November kommt es zum nächsten Kräftemessen beider politischer Lager: Dann steht die erste Parlamentssitzung nach der Wahl an – die Opposition hat ihren Boykott bereits angekündigt.
Die Heinrich-Böll-Stiftung analysiert in einem Kommentar die Wahlen in Georgien als Abstieg des Landes in den hegemonialen Autoritarismus. Die Regierungspartei habe die Wahlen durch Manipulation gewonnen und Desinformationen über den EU-Erweiterungskurs verbreitet. Wenn die Regierung trotz der Verstöße an der Macht bleibe, würden sich die Beziehungen Georgiens zur EU weiter verschlechtern.
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