October 5, 2024
Globale Mafia-Gefahr: Interpol warnt vor wachsender Bedrohung

Interpol warnt: Staaten könnten Kampf gegen Mafia verlieren

Der scheidende Interpol-Generalsekretär Jürgen Stock zeigt sich besorgt über die zunehmende Macht international agierender Mafia-Banden. Wie die Zeit am 5. Oktober 2024 berichtete, warnte Stock im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur in New York, dass die Welt Gefahr laufe, den Kampf gegen die transnationale organisierte Kriminalität zu verlieren. Das Potenzial dieser Banden, "sogar Industrieländer zu destabilisieren, zum Beispiel auch in Europa", habe beispiellose Ausmaße angenommen.

Stock, der im November nach zehnjähriger Amtszeit sein Amt als Interpol-Generalsekretär abgeben wird, betonte, dass die weltgrößte Polizeiorganisation klare Erkenntnisse darüber habe, dass sich ehemals regional agierende Mafiagruppen mittlerweile global ausgebreitet hätten. "Sie sind zu globalen Verbrechern geworden, sie agieren wie globale Unternehmen", so Stock. Dabei verfügten sie über "astronomische Mengen an Ressourcen", die sie unter anderem für Menschen- und Waffenhandel einsetzten.

Drogenhandel als Haupteinnahmequelle

Die Haupteinnahmequelle der Mafia sei jedoch weiterhin der Drogenhandel, der auch in Zentraleuropa, einschließlich Deutschland, ein zunehmendes Problem darstelle. "Wir sprechen über alle Arten von Drogen, die auf den kriminellen Märkten erhältlich sind. Aber derzeit ist Kokain vor allem ein großes Problem", erklärte Stock.

Trotz Rekordfunden von Drogen in den Häfen von Antwerpen, Rotterdam und Hamburg blieben Preis und Angebot auf den Straßen stabil, was auf einen anhaltenden Nachschub hindeute. Laut Schätzungen beschlagnahmen Drogenfahnder lediglich etwa 15 bis 20 Prozent aller Einfuhren.

Gefahr durch Fentanyl steigt

Besonders besorgniserregend sei die zunehmende Verbreitung des synthetischen Opioids Fentanyl, das häufig anderen Drogen beigemischt werde. "Wir können derzeit sehen, dass es sich auch in die europäischen Märkte einschleicht", warnte Stock. Fentanyl ist um ein Vielfaches stärker als Heroin und bereits zwei Milligramm gelten als potenziell tödliche Dosis.

In den USA hat Fentanyl bereits zu einem massiven Drogenproblem mit zehntausenden Todesopfern geführt. Nach Angaben des nationalen US-Instituts für Drogenmissbrauch starben allein im Jahr 2021 über 70.000 Menschen an einer Überdosis synthetischer Opioide, hauptsächlich Fentanyl.

Der Weg des Kokains nach Europa

Das Kokain stammt laut Stock weiterhin hauptsächlich von Kartellen in Südamerika, insbesondere aus Kolumbien, Peru und Bolivien. Von dort aus gelange es beispielsweise über den Hafen der ecuadorianischen Stadt Guayaquil auf Schiffe im Pazifik. "Von da an wird der Markt sehr flexibel", so Stock. Über verschiedene Routen gelange die Droge schließlich nach Europa, wo ein Gramm auf der Straße zwischen 70 und 90 Euro koste.

Eine dieser Routen führt über Westafrika, von wo aus die Drogen nach Nordafrika und von dort weiter in den Mittelmeerraum gelangen. Ein großes Problem, so Stock, sei die weit verbreitete Korruption in den europäischen Häfen. Viele lokale Polizeichefs beklagten sich über Schmiergeldzahlungen an Hafenmitarbeiter, die den Drogenschmuggel ermöglichten.

Zunehmende Gewalt im Drogenmilieu

Der illegale Drogenhandel führt nicht nur entlang der Transportrouten immer wieder zu Gewalt, sondern auch am Ende der Lieferkette, auf der sogenannten "letzten Meile". Dort kämpfen lokale Banden um die Kontrolle des Straßenverkaufs. "Und weil es so profitabel ist, kämpfen sie auch in dieser Phase um ihr Revier", erklärte Stock. Beispiele hierfür seien Schweden, Belgien und die Niederlande. "Aber es gibt auch Berichte aus Deutschland, es gibt Anzeichen dafür, dass dieser Kampf zumindest in Teilen Deutschlands begonnen hat."

Mehr Zusammenarbeit der Behörden notwendig

Um der Bedrohung durch die Mafia wirksam zu begegnen, sei eine noch engere Zusammenarbeit der nationalen Strafverfolgungsbehörden unerlässlich, so Stock. Die Behörden der einzelnen Länder müssten die zehn bis 15 größten Gruppierungen gezielt ins Visier nehmen.

Quelle: https://www.zeit.de/news/2024-10/05/interpol-staaten-drohen-gegen-die-mafia-zu-verlieren

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