19.10.2024
Gottesanbeterin auf dem Vormarsch in Nordrhein-Westfalen

Naturkunde: Gottesanbeterin breitet sich in NRW weiter aus

Die Europäische Gottesanbeterin, ein wärmeliebendes Insekt, hat sich in den letzten Jahren zunehmend in Nordrhein-Westfalen (NRW) etabliert. Diese Entwicklung ist eng mit den Auswirkungen des Klimawandels verbunden, der zu steigenden Temperaturen führt und damit die Lebensbedingungen für diese Art verbessert. Experten des LWL-Naturkundemuseums in Münster berichten, dass sich die Gottesanbeterin über die Täler von Mosel und Rhein weiter in den Norden ausbreitet, mit dem Ziel, auch das Emsland zu erreichen.

Die Hauptverbreitungsgebiete der Gottesanbeterin in Europa liegen traditionell im Mittelmeerraum. Doch die steigenden Durchschnittstemperaturen haben dazu geführt, dass sich die Art seit einigen Jahren in Richtung Norden ausbreitet. Dr. Jan Ole Kriegs, Museumsdirektor des LWL-Museums für Naturkunde, erklärt, dass die bis zu acht Zentimeter langen Tiere in vielen Regionen bereits Fuß gefasst haben und sich aktiv vermehren. Die Auswertung von Daten der Beobachtungsplattform Observation.org zeigt, dass die Anzahl der gemeldeten Funde in NRW stetig zunimmt.

Verbreitung in Nordrhein-Westfalen

Die meisten Meldungen über Gottesanbeterinnen stammen aus dem Südwesten von NRW, insbesondere aus der Niederrheinischen Bucht. Von dort aus breitet sich die Art in Richtung Ruhrgebiet und die Täler des Rheinischen Schiefergebirges aus. Funde außerhalb dieses zusammenhängenden Verbreitungsraums, wie in Münster oder in der niedersächsischen Grafschaft Bentheim, werden als isolierte Vorkommen interpretiert. Diese könnten durch den Güterverkehr, beispielsweise durch den Transport mit der Bahn, in neue Gebiete gelangt sein.

Ein weiterer interessanter Aspekt der Fortpflanzung der Gottesanbeterin ist die Fähigkeit der Weibchen, unbefruchtete Eipakete zu legen. Dies führt zur sogenannten Jungfernzeugung, bei der sich aus den Eiern Nachkommen entwickeln, ohne dass eine Befruchtung stattgefunden hat. Diese Fortpflanzungsstrategie könnte zur schnellen Ausbreitung der Art beitragen.

Lebensraum und Jagdverhalten

Die Europäische Gottesanbeterin gehört zur Familie der Fangschrecken und ist bekannt für ihre charakteristischen Fangarme, die in Ruhestellung vor dem Körper gehalten werden und an zum Gebet erhobene Hände erinnern. Diese Fangarme sind mit Dornen ausgestattet und dienen als effektive Jagdwaffe. Mit einem blitzschnellen Fangschlag, der nur 50 bis 60 Millisekunden dauert, können sie kleinere Insekten wie Heuschrecken oder Fliegen fangen.

Die bevorzugten Lebensräume der Gottesanbeterin sind trockenwarme Gras- und Buschlandschaften, die ein ausreichendes Nahrungsangebot bieten. Diese Lebensräume sind oft in der Nähe von Brachflächen, Heiden und Halbtrockenrasen zu finden. Die Art hat sich auch an technogene Standorte angepasst, wie Industriebrachen und ehemalige Bergbaugebiete, was ihre weitere Ausbreitung begünstigt.

Beobachtungen und Bürgerengagement

Die Zunahme der Meldungen über Gottesanbeterinnen in NRW ist nicht nur das Ergebnis von wissenschaftlichen Erhebungen, sondern auch von Bürgerengagement. Auf der Plattform Observation.org können interessierte Bürger Funde und Beobachtungen melden, was zur Datensammlung und zum Verständnis der Ausbreitung dieser faszinierenden Art beiträgt. Die Bürgerwissenschaft hat sich als wertvolles Instrument erwiesen, um die Verbreitung der Gottesanbeterin zu dokumentieren und zu analysieren.

Insgesamt zeigt die Ausbreitung der Gottesanbeterin in Nordrhein-Westfalen, wie sich Arten an veränderte klimatische Bedingungen anpassen können. Die fortschreitende Erwärmung der Erde eröffnet neuen Lebensraum für wärmeliebende Arten und stellt gleichzeitig eine Herausforderung für den Naturschutz dar. Die Gottesanbeterin ist ein Beispiel dafür, wie der Klimawandel die Biodiversität beeinflusst und welche Rolle die Öffentlichkeit bei der Beobachtung und Dokumentation von Arten spielt.

Die Gottesanbeterin ist nach dem Bundesnaturschutzgesetz streng geschützt. Daher werden die genauen Vorkommen im Münsterland nicht veröffentlicht, um die Tiere zu schützen. Dennoch ist klar, dass sich die Art in NRW etabliert hat und wahrscheinlich auch in Zukunft weiter verbreiten wird.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Gottesanbeterin ein faszinierendes Beispiel für die Anpassungsfähigkeit von Arten an sich verändernde Umweltbedingungen ist. Ihre Ausbreitung in Nordrhein-Westfalen ist ein interessantes Forschungsfeld, das sowohl wissenschaftliche als auch gesellschaftliche Aspekte umfasst.

Die Informationen in diesem Artikel basieren auf Berichten des LWL-Naturkundemuseums in Münster sowie der Beobachtungsplattform Observation.org.

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