16.10.2024
Neue EU-Fiskalregeln stellen Deutschland vor Herausforderungen

Deutschland ringt mit neuen EU-Fiskalregeln

Die neuen Fiskalregeln der Europäischen Union stellen Deutschland vor unerwartete Herausforderungen. Wie die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (FAZ) am 16. Oktober 2024 berichtete, muss die Bundesregierung nacharbeiten, um die Vorgaben aus Brüssel konsequent umzusetzen. Dies geht aus Kreisen des Bundesfinanzministeriums hervor.

Zwar gelten die deutschen Staatsfinanzen grundsätzlich als solide, was auf die Einhaltung der Schuldenbremse zurückzuführen ist. Doch die Verhandlungen mit der EU-Kommission über die Einhaltung der neuen EU-Regeln haben neue Schwierigkeiten aufgezeigt. Der Reformdruck auf die Ampelkoalition, der ohnehin schon hoch ist, erhöht sich dadurch zusätzlich.

Möglicher Antrag auf Fristverlängerung

Die Deutsche Presseagentur (dpa) meldete am 16. Oktober 2024, dass die Bundesregierung erwägt, bei der EU-Kommission mehr Zeit für die Anpassung ihrer Ausgaben zu beantragen. Demnach könnte Deutschland einen siebenjährigen Plan für den Haushalt vorlegen, anstatt des eigentlich vorgesehenen Vier-Jahres-Plans. Hintergrund sind die schleppenden Erwartungen an die Entwicklung der deutschen Wirtschaft.

Hintergrund: Die neuen EU-Schuldenregeln

Die neuen EU-Schuldenregeln, auch bekannt als Stabilitäts- und Wachstumspakt, gelten für alle Mitgliedsländer der EU. Sie schreiben unter anderem vor, dass der Schuldenstand eines Landes 60 Prozent der Wirtschaftsleistung nicht überschreiten darf. Zeitgleich muss das gesamtstaatliche Finanzierungsdefizit unter drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) bleiben.

Jedes Land muss in Zusammenarbeit mit der EU-Kommission einen vierjährigen Haushaltsplan erstellen, um solide Finanzen zu gewährleisten. Deutschland hat diesen Plan, wie viele andere Länder auch, noch nicht eingereicht. Die Frist dafür war eigentlich Mitte Oktober.

Deutschlands Herausforderungen

Deutschland sieht sich mit mehreren Herausforderungen konfrontiert. Zum einen reichen vier Jahre möglicherweise nicht aus, um die Vorgaben aus Brüssel zu erfüllen. Finanzminister Lindner (FDP) möchte diese jedoch unbedingt einhalten, da er Deutschland in der EU als Vorbild und „Stabilitätsanker“ sieht.

Zum anderen berücksichtigt die EU bei ihren Vorgaben auch langfristige Faktoren wie die Alterung der Gesellschaft, den daraus resultierenden Fachkräftemangel und die Wirtschaftsprognosen. In diesen Punkten schneidet Deutschland eher schlecht ab. Hinzu kommt, dass das Jahr 2024 aufgrund der Konjunkturschwäche und des geplanten Nachtragshaushalts ein höheres Defizit erwarten lässt als ursprünglich angenommen.

Auswirkungen auf den Bundeshaushalt

Ohne eine Fristverlängerung müssten Bund, Länder und Gemeinden im kommenden Jahr zusätzliche Einsparungen vornehmen, um das Ausgabenwachstum auf den von Brüssel vorgegebenen Wert zu drücken. Angesichts der ohnehin schwierigen Haushaltsverhandlungen dürfte dies eine Herausforderung darstellen.

Finanzminister Lindner sieht in der Situation jedoch auch eine Chance. Die neuen EU-Regeln geben ihm zusätzliche Argumente in den aktuellen Ampel-Debatten um die Rente und das geplante Wachstumspaket. Dieses Paket, das unter anderem Steuererleichterungen für die Wirtschaft, Arbeitsanreize und günstigen Strom für die Industrie vorsieht, gewinnt durch die neuen Vorgaben an Bedeutung. Der Druck auf die Länder, im Bundesrat zuzustimmen und Einbußen bei den Steuereinnahmen zu akzeptieren, erhöht sich dadurch.

Quellen:

  • https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/arm-und-reich/ampel-koalition-unter-druck-der-eu-regeln-doch-keine-musterschueler-110050750.html
  • https://www.faz.net/agenturmeldungen/dpa/eu-schuldenregeln-muss-lindner-bruessel-um-aufschub-bitten-110050114.html
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