19.10.2024
Haushalt 2025: Die Ampel-Koalition kämpft mit einem 17-Milliarden-Euro-Problem

Haushalt 2025: Die Ampel-Koalition hat ein 17-Milliarden-Euro-Problem

Nach langem Ringen steht der Entwurf für den Haushalt 2025. Doch die Regierung ist mit ihrer Arbeit noch nicht am Ende – in jeder Hinsicht. Die Regierung hat einen Haushaltsentwurf vorgelegt, der noch immer eine ungeklärte Lücke von 17 Milliarden Euro aufweist. Globale Minderausgabe nennen Haushaltspolitiker das Instrument, mit dem Einnahmen und Ausgaben zur Deckung gebracht werden, selbst wenn die absehbaren Finanzzuflüsse einschließlich zulässiger Kreditaufnahme geringer sind als die geplanten Abflüsse.

Die Ministerien erfahrungsgemäß nicht alles komplett ausgeben, was ihnen zur Verfügung steht, geht das Finanzministerium regelmäßig davon aus, dass im Haushalt immer ein paar Milliarden Euro fehlen können, ohne dass dies am Ende zu Problemen führt. Aber ein zweistelliger Milliardenbetrag gilt als zu hoch, daher will die Regierung die globale Minderausgabe bis Mitte August auf 9 Milliarden Euro drücken – das wäre etwa das Niveau früherer Jahre.

In einem Monat geht der dicke Gesetzentwurf an den Bundestag, damit sich die Abgeordneten nach der Sommerpause erstmals darüber beugen können. Die abschließende Lesung ist Ende November geplant.

Aufgaben der nächsten Regierung

Dem Kabinettsbeschluss ist ein langes Ringen vorausgegangen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) haben insgesamt rund 80 Stunden miteinander verhandelt, bis das Rahmengerüst für das in Zahlen gegossene Regierungsprogramm stand. Teil der Einigung ist ein Nachtragshaushalt für dieses Jahr, die mittelfristige Finanzplanung bis einschließlich 2028 und Eckpunkte zur Stärkung der Wachstumskräfte. All das soll das Kabinett jetzt absegnen.

Für das laufende Jahr bereitet die Regierung eine um 11,3 Milliarden Euro höhre Nettokreditaufnahme vor – was die Schuldenregel wegen der schwachen Konjunktur zulässt. Das Geld fließt in den Klimafonds, wird für das Bürgergeld benötigt, ermöglicht es, geringere Steuereinnahmen auszugleichen.

Im Haushaltsentwurf 2025, aber auch in der weiteren Finanzplanung stecken noch viel Arbeit. Die Bundesregierung prüft drei Maßnahmen, mit denen sie 2025 die globale Minderausgabe auf das übliche Niveau drücken will: Die Nutzung von Mitteln bei der staatlichen Förderbank der KfW, die für die Gaspreisbremse nicht benötigt wurden, sowie Darlehen einerseits für die Deutsche Bahn und andererseits für die Autobahn GmbH des Bundes. Die Frage ist, ob diese als finanzielle Transaktion zu werten wären. In dem Fall stiege der zulässige Rahmen für die Neuverschuldung des Bundes.

Dahinter steht die Überlegung, dass solchen Krediten neue Vermögenswerte gegenüberstehen, sich also die Schuldenlage des Bundes netto nicht verändert.

Ob dies in den drei Prüffällen möglich sein wird, ist rechtlich und politisch heikel. Die KfW-Restmittel gehen auf Notlagenkredite zurück. Die Verschiebung der Corona-Kredite in den Klimafonds hatte das Bundesverfassungsgericht im November gestoppt – und damit die Ampel-Koalition in eine tiefe Krise gestürzt. Man kann davon ausgehen, dass Lindner sich keine neue Ohrfeige aus Karlsruhe einhandeln will und daher nichts mittragen dürfte, was verfassungsrechtlich nicht sicher ist.

Bei den möglichen Darlehen für die Bahn und die Autobahn GmbH dürften die Konditionen eine Rolle spielen – und die offene Frage, wie sie später zurückgezahlt werden sollen. Nach F.A.Z.-Informationen will sich der Finanzminister doppelt absichern. Er baut auf ein Gutachten von Johannes Hellermann, Lehrstuhlinhaber für Öffentliches Recht an der Universität Bielefeld, dazu wird er außerdem seinem Wissenschaftlichen Beirat um eine Stellungnahme bitten.

Die Bundesregierung will ihren heftig umkämpften Haushalt für 2025 in dieser Woche offiziell auf den Weg bringen – obwohl noch immer nicht ganz klar ist, wie ein Milliardenloch gestopft werden kann. Gelingt das nicht, muss unter Umständen nochmal neu verhandelt werden.

Erst einmal aber ist für Mittwoch ein Beschluss im Kabinett geplant. Danach geht der Etatentwurf in den Bundestag, wo er noch verändert werden kann und kurz vor Jahresende beschlossen werden soll.

Wochenlang hatten Kanzler Olaf Scholz (SPD), Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) immer wieder über Stunden im Kanzleramt zusammengesessen. Sie sollen buchstäblich jeden Stein im Etat umgedreht haben, um ein mehr als 30 Milliarden Euro großes Finanzierungsloch zu stopfen. Eine Aufgabe, die auf dieser Detailebene sonst eigentlich Staatssekretäre übernehmen – und die zeigt, wie ernst es zwischenzeitlich wohl um die Ampel-Koalition stand. Anfang Juli dann die Grundsatzeinigung nach einer Marathonsitzung.

Neuer Spielraum 2024

Für das laufende Jahr verschafft sich die Bundesregierung mit einem Nachtragshaushalt etwas mehr Spielraum. Weil die Konjunktur so schleppend läuft, darf sie 11,3 Milliarden Euro mehr Schulden aufnehmen als bisher gedacht. Das soll ausgenutzt werden. Damit steigt die Kreditaufnahme für 2024 auf 50,3 Milliarden Euro, wie Zahlen aus dem Finanzministerium zeigen.

Milliardenlücke 2025

Auch der Etat für das kommende Jahr soll idealerweise im November durch den Bundestag. Doch hier hat die Koalition noch einiges an Arbeit vor sich – denn nach wie vor klafft ein Milliardenloch. Zwar ist es üblich, dass die Regierung eine sogenannte globale Minderausgabe einplant. Sie wettet damit darauf, dass die Ministerien es unter dem Strich nicht schaffen werden, das gesamte eingeplante Geld auch wirklich auszugeben. Doch dieses Mal ist die eingepreiste Lücke mit 17 Milliarden Euro besonders hoch.

Dafür, wie 8 von den 17 Milliarden Euro aufzutreiben wären, hat man in der Bundesregierung bereits Ideen – doch es ist noch nicht klar, ob diese verfassungsrechtlich und wirtschaftlich auch tragen. Unter anderem wird geprüft, ob milliardenschwere Zuschüsse an die Bahn und die Autobahngesellschaft durch Darlehen ersetzt werden können. So würde das Geld nicht auf die Schuldenbremse angerechnet. Sollten die Prüfungen negativ ausfallen, muss die Ampel-Koalition womöglich noch einmal neu über Sparmaßnahmen beraten.

Dabei waren die Haushaltsverhandlungen in diesem Jahr bereits außerordentlich hart. Letztlich einigten sich Scholz, Habeck und Lindner, die im Grundgesetz verankerten Haushaltsprinzipien einzuhalten.

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