19.10.2024
Finanzthriller in der Softwarebranche: Temenos im Fadenkreuz von Hindenburg Research
Hindenburg vs. Temenos: Leerverkäufer nimmt Schweizer Softwareanbieter ins Visier In der Welt der Finanzmärkte prallen mitunter gigantische Kräfte aufeinander. Ein solches Aufeinandertreffen lässt sich derzeit am Beispiel des Schweizer Unternehmens Temenos und des amerikanischen Leerverkäufers Hindenburg Research beobachten. Temenos, der größte Hersteller von Bankensoftware in der Schweiz, sieht sich schwerwiegenden Anschuldigungen ausgesetzt, die den Aktienkurs erheblich ins Wanken gebracht haben. Die Vorwürfe von Hindenburg Research, einem auf Enthüllungen spezialisierten Investor, wiegen schwer: Gewinnmanipulation und gravierende Buchhaltungsunregelmäßigkeiten stehen im Raum. Diese basieren auf einem Bericht, der von anonymen Quellen gespeist wird, was bei der Interpretation zur Vorsicht mahnt. Die Börse reagierte prompt und der Kurs der Temenos-Aktien verzeichnete einen jähen Fall. Im Zentrum der Kritik steht das sogenannte Round-Tripping. Konkret geht es um einen Vorfall im Oktober 2021, bei dem Temenos den Kauf von Software und Dienstleistungen im Wert von 20 Millionen US-Dollar durch das amerikanische Fintech-Unternehmen Mbanq verkündete. Die Finanzierung dieses Kaufs soll jedoch heimlich durch eine Wandelanleihe erfolgt sein, die Temenos in Mbanq investierte – ein Vorgehen, das den Anschein hoher Erträge erwecken soll. Weiterhin wird Temenos beschuldigt, aggressive Preisnachlässe genutzt zu haben, um bei Softwarekunden frühzeitige Lizenzverlängerungen zu erzielen und so kurzfristige Erfolge vorzuweisen. Dies ging angeblich zu Lasten des Verkaufs an Neukunden, und es wird behauptet, dass Verkäufe sogar rückdatiert worden seien. Darüber hinaus soll das Unternehmen Ausgaben für Forschung und Entwicklung aufgebläht und kundenspezifische Anpassungen unter diesem Posten verbucht haben, wodurch höhere Gewinne ausgewiesen werden konnten. Temenos selbst weist die Anschuldigungen entschieden zurück. Der Bericht sei durchsetzt mit Ungereimtheiten und irreführenden Behauptungen, deren Ziel es sei, den Aktienkurs negativ zu beeinflussen. Eine Anfrage von Hindenburg Research für eine Stellungnahme habe im Vorfeld nicht stattgefunden. Das Unternehmen signalisiert Zuversicht und verweist auf die bevorstehende Publikation der Jahresergebnisse, die keine bösen Überraschungen erwarten ließen. Um den Vorwürfen nachzugehen, hat Temenos nun unabhängige Fachleute eingeschaltet, die eine gründliche Prüfung durchführen sollen. Zeitgleich steht das Unternehmen vor einer weiteren Herausforderung: die Suche nach einem neuen Vorstandschef. Der bisherige CEO musste Anfang 2023 seinen Hut nehmen, und der langjährige Verwaltungsratspräsident Andreas Andreades übernahm interimistisch die Führung. Der Druck auf Andreades wächst, denn nicht nur die Vorwürfe von Hindenburg Research, sondern auch seine hohen Bezüge in den vergangenen Jahren stehen in der Kritik. Leerverkäufer wie Hindenburg Research agieren häufig im Verborgenen und werden mitunter als Hyänen der Finanzmärkte bezeichnet. Sie suchen gezielt nach Unternehmen, die ihrer Meinung nach überbewertet sind und spekulieren auf fallende Kurse. Durch ihre Aktivitäten tragen sie zu einer effizienteren Preisbildung bei. Im Falle von Temenos dürfte Hindenburg durch das Timing des Angriffs einen hohen Gewinn erzielt haben, da der Aktienkurs nach einem längeren Steigflug besonders anfällig für negative Nachrichten war. Die aktuelle Situation rund um Temenos wird von Marktbeobachtern und Investoren mit großer Aufmerksamkeit verfolgt. Die kommenden Wochen und Monate werden zeigen, inwieweit die Vorwürfe Bestand haben und welche Auswirkungen dies auf das Unternehmen und seine Aktionäre haben wird.
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