16.10.2024
Italienische Kontroversen auf der Frankfurter Buchmesse

Literatur und Politik: Gespaltenes Italien auf der Buchmesse

Die Frankfurter Buchmesse, eines der wichtigsten Ereignisse der internationalen Literaturszene, steht in diesem Jahr im Zeichen italienischer Literatur. Doch der Ehrengastauftritt des Landes wird von politischen Kontroversen überschattet. Italienische Schriftsteller nutzen die Plattform, um scharfe Kritik an der Regierung zu üben und auf die ihrer Meinung nach zunehmende Unterdrückung kritischer Stimmen hinzuweisen.

Kritik an Umgang mit Intellektuellen

Wie die Zeit berichtet, äußerten mehrere prominente italienische Autoren ihren Unmut über die ihrer Ansicht nach repressive Politik der italienischen Regierung. So kritisierte Francesca Melandri („Kalte Füße“) bei einer Podiumsdiskussion, die politische Macht versuche, missliebige Stimmen zum Schweigen zu bringen. Antonio Scurati, Autor eines mehrbändigen Werks über Benito Mussolini, berichtete von persönlichen Angriffen und Diffamierungen, die er aufgrund seiner kritischen Haltung gegenüber der Regierung erfahren habe. Auch Paolo Giordano („Die Einsamkeit der Primzahlen“) schloss sich der Kritik an und beklagte eine Einschränkung der Meinungsfreiheit in Italien.

Kontroverse um Roberto Saviano

Besonders deutlich wird die gespaltene Situation Italiens im Fall von Roberto Saviano („Gomorrha“). Der Schriftsteller und Journalist, der mit seinen Enthüllungen über die Machenschaften der Mafia bekannt wurde, gilt als einer der schärfsten Kritiker von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni. Saviano wurde vorgeworfen, er würde die Buchmesse für politische Zwecke instrumentalisieren, und seine Teilnahme an der offiziellen Delegation wurde von Seiten der Regierung abgelehnt.

Letztendlich reist Saviano auf Einladung seines Verlags nach Frankfurt und wird dort am Samstag über das „Schreiben in illiberalen Zeiten“ sprechen. In einem Beitrag für die italienische Zeitung „La Repubblica“ bezeichnete er seine Teilnahme an der Buchmesse als „Form des Widerstands“.

Streit um den Gastland-Pavillon

Neben der Kontroverse um Saviano sorgt auch der offizielle Auftritt Italiens auf der Buchmesse für Diskussionen. Der Gastland-Pavillon, der unter dem Motto „Wurzeln in der Zukunft“ steht, wird von einigen Autoren scharf kritisiert. Antonio Scurati etwa bezeichnete den Pavillon als „hässlich“ und warf den Organisatoren vor, eine verklärte Version der italienischen Vergangenheit zu präsentieren.

Der Kunsthistoriker Luciano Cheles sieht in dem Slogan des Gastland-Auftritts einen versteckten Verweis auf den Faschismus. Der Begriff der „Wurzeln“ sei in diesem Zusammenhang als Anspielung auf die ideologischen Wurzeln des italienischen Faschismus zu verstehen.

Italienische Literaturszene gespalten

Die Kontroversen rund um den italienischen Ehrengastauftritt verdeutlichen die tiefen Gräben, die derzeit durch die italienische Gesellschaft und Literaturszene verlaufen. Während die Regierung die Meinungsfreiheit betont, sehen sich kritische Autoren zunehmend mit Anfeindungen und Repressionen konfrontiert. Die Frankfurter Buchmesse wird so unfreiwillig zum Schauplatz einer innenpolitischen Auseinandersetzung.

Quellen:

  • https://www.zeit.de/news/2024-10/16/gespaltenes-italien-auf-der-buchmesse
  • https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/literatur-und-politik-gespaltenes-italien-auf-der-buchmesse-12543791.html
  • https://www.mz.de/kultur/gespaltenes-italien-auf-der-buchmesse-3933290
  • https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.literatur-und-politik-gespaltenes-italien-auf-der-buchmesse.2f807801-a4f1-473e-afd9-38c7d8ff6f50.html
  • https://www.radiovest.de/artikel/gespaltenes-italien-auf-der-buchmesse-2132869.html
  • https://www.wz.de/kultur/gespaltenes-italien-auf-der-buchmesse_bid-120154041
  • https://www.mt.de/weltnews/panorama/Gespaltenes-Italien-auf-der-Buchmesse-23963117.html
  • https://www.aachener-zeitung.de/panorama/gespaltenes-italien-auf-der-buchmesse/23076503.html
  • https://www.rhein-zeitung.de/deutschland-und-welt/boulevard_artikel,-gespaltenes-italien-auf-der-buchmesse-_arid,2700743.html
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