Die italienische Regierung hat einen Großteil ihres Personals aus den Aufnahme- und Abschiebelagern in Albanien abgezogen. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (F.A.Z.) berichtet, stehen die im Oktober eröffneten Lager in Shëngjin und Gjadër nach Gerichtsentscheidungen weitgehend leer.
Ursprünglich sollten in diesen Lagern Migranten, die im Mittelmeer aufgegriffen werden, untergebracht und anschließend in ihre Herkunftsländer abgeschoben werden. Mitte Oktober wurden Gruppen von Bootsmigranten aus Ägypten und Bangladesch von der italienischen Kriegsmarine nach Albanien gebracht. Italienische und europäische Gerichte entschieden jedoch, dass Ägypten und Bangladesch nicht als sichere Herkunftsländer gelten und eine Rückführung von Albanien aus nicht zulässig ist. Die Migranten mussten daraufhin nach Italien verlegt werden.
Das italienische Innenministerium betont, die Zentren in Albanien blieben geöffnet und einsatzbereit. Die Personalstärke könne kurzfristig angepasst werden. Laut Medienberichten sind jedoch nur noch wenige Mitarbeiter des Betreiberunternehmens Medihospes, einige albanische Angestellte sowie italienische Polizeibeamte zum Schutz der Lager vor Ort. Die Zahl der italienischen Beamten wurde von 220 um rund drei Viertel reduziert. Eine Wiederaufstockung ist derzeit nicht geplant. Das für den Transport der Migranten vorgesehene Marineschiff Libra liegt in einem italienischen Hafen.
Die Regierung von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni hat im Rechtsstreit um die Migrantenlager das Oberste Gericht in Rom angerufen. Dieses wird am 4. Dezember eine Entscheidung treffen. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte bereits im Oktober entschieden, dass Herkunftsländer nur dann als sicher eingestuft werden können, wenn dies für ihr gesamtes Territorium gilt. Die Regierung Meloni argumentiert hingegen, die Einschätzung der Sicherheitslage in Herkunftsstaaten von Migranten sei Sache der Exekutive und Legislative.
Bis zur Entscheidung des Obersten Gerichtshofs sind keine weiteren Transporte von Migranten nach Albanien geplant, wie die F.A.Z. berichtet. Die italienische Opposition und private Seenotretter kritisieren das „Modell Albanien“ als gescheitert und sprechen von Geldverschwendung.
Quellen:
- Frankfurter Allgemeine Zeitung: „Modell Albanien“: Rom zieht Personal aus Migrantenlagern ab