19.10.2024
Kieler Ausgabenmonitor: Analyse des Bundeshaushalts der Ampel

Kieler Ausgabenmonitor: Der versteinerte Bundeshaushalt der Ampel

Das Kieler Institut für Weltwirtschaft hat den Etat 2024 unter die Lupe genommen. Präsident Schularick sagt: Deutschland bleibt verwundbar und erpressbar.

Dass Deutschland mehr tun muss für seine Verteidigungsfähigkeit, für den Klimaschutz, zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit seiner Wirtschaft ist nicht erst seit gestern eine weitverbreitete Erkenntnis. Doch fällt es der Koalition sichtlich schwer, bei den Ausgaben des Bundes diese Schwerpunkte spürbar zu stärken. Im Finanzministerium beklagt man eine relativ große "Versteinerung" des Bundeshaushalts.

Moritz Schularick, Präsident des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel, nennt den Haushaltsentwurf 2025 und die Wachstumsinitiative einen Minimalkompromiss: "Angesichts der globalen geopolitischen Lage und der anhaltenden Spannungen bleibt Deutschland und damit auch Europa sicherheitspolitisch verwundbar und von einem möglichen Präsidenten Trump erpressbar." Ökonomisch beruhe der Haushaltsentwurf auf sehr optimistischen Annahmen zu den Effekten der Wachstumsinitiative. "Die tatsächlichen Impulse dieses 'Wachstumspaketchens' dürften gering bleiben", sagte Schularick.

Ernüchternde Analyse der Kieler Forscher

Das Kieler Institut hat den Etat 2024 unter die Lupe genommen. Das Ergebnis klingt ernüchternd. "Der empirische Befund über die Verwendung knapper Steuergelder durch den Bund zeigt, dass die Ausgaben für äußere und innere Sicherheit sowie zur Förderung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands noch keine politische Priorisierung erfahren haben", heißt es im Ausgabenmonitor 2024. Die Ausgaben in den Bereichen Soziales und Finanzhilfen hätten weiter an Gewicht gewonnen, schreiben Claus-Friedrich Laaser und Astrid Rosenschon. Die Forscher mahnen – ganz im Sinne von Finanzminister Christian Lindner (FDP) –, auf zusätzliche Belastungen der Steuerzahler zu verzichten. Deutschland habe unter den Industrieländern schon die zweithöchste Steuer- und Abgabenlast. Nach ihrer Einschätzung gibt es noch beträchtliche Sparpotentiale. Deren Nutzung sollte gegenüber einer Aufweichung der Schuldenbremse Vorrang haben.

Die Autoren gehen davon aus, dass der Bund in diesem Jahr 598,2 Milliarden Euro ausgeben wird. Der Nachtragshaushalt ist dabei noch nicht berücksichtigt, dürfte aber nichts Grundsätzliches an den Erkenntnissen ändern. Die Sozialausgaben und Kosten für die Umverteilungsbürokratie beziffern die Ökonomen auf 212 Milliarden Euro. Weil der Bundeshaushalt in den Krisenjahren aufgebläht wurde, ist der Anteil der Sozialausgaben an den Gesamtausgaben des Bundes in diesem Jahr niedriger als von 2019 bis 2023. Aussagefähiger sei deshalb, dass die Sozialausgaben 5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erreichten. Das sei mehr als in den Jahren 2000, 2015 und 2019 bis 2023.

Die klassischen Staatsausgaben haben an Bedeutung verloren. Die Ausgaben für innere und äußere Sicherheit werden mit 11,4 Prozent des Haushalts veranschlagt. Das sind 2,7 Prozentpunkte mehr als im Jahr 2000, das von der Verteilung der "Friedensdividende" geprägt war. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt betrugen die reinen Verteidigungsausgaben 1,5 Prozent. Nach der NATO-Rechenmethode hält Deutschland 2024 das Zweiprozentziel ein, berichten die Autoren. Zum Vergleich: Die Ausgaben des Bundes mit wirtschaftsförderndem oder wertschöpfendem Charakter schätzen sie auf 1,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. "Was bisher über den Haushaltsentwurf 2025 bekannt ist, lässt leider keine höhere Priorisierung der derzeit drängendsten Aufgaben erkennen: eine Stärkung des Wachstums und der Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands", so die Forscher.

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