Nach der Ausrufung und der darauffolgenden Aufhebung des Kriegsrechts sieht sich der südkoreanische Präsident Yoon Suk Yeol massiver Kritik und Rücktrittsforderungen der Opposition gegenüber. Ein Amtsenthebungsverfahren wird angedroht, und eine oppositionelle Koalition plant laut ZEIT ONLINE die Einbringung eines entsprechenden Gesetzentwurfs. Die Demokratische Partei (DP) bezeichnete Yoons Vorgehen als verfassungswidrig und spricht, wie unter anderem in der Süddeutschen Zeitung zitiert, von einem "schwerwiegenden Akt der Rebellion". Auch Gewerkschaften fordern Yoons Rücktritt und rufen laut Tagesschau zu Streiks auf.
Yoon hatte das Kriegsrecht am späten Dienstagabend für kurze Zeit verhängt und dies mit einer angeblichen Bedrohung durch Nordkorea und sogenannte „staatsfeindliche Kräfte“ begründet. Er warf der Opposition Sympathien für Nordkorea vor, nannte jedoch, wie die Frankfurter Rundschau berichtet, keine konkreten Bedrohungen. Das Parlament stimmte in der Nacht einstimmig für die Aufhebung des Kriegsrechts, der Yoon schließlich nachkam. 190 Abgeordnete waren laut Tagesschau anwesend. Die südkoreanische Verfassung sieht die Aufhebung des Kriegsrechts vor, wenn eine Mehrheit im 300-köpfigen Parlament dies fordert. Die internationale Gemeinschaft zeigte sich besorgt. US-Außenminister Antony Blinken begrüßte die Aufhebung, so die ZEIT ONLINE.
Experten interpretieren Yoons Entscheidung als innenpolitisch motiviertes Manöver. Wie das ZDF berichtet, leidet der Präsident seit Monaten unter sinkenden Umfragewerten und sieht sich Korruptionsvorwürfen gegen seine Ehefrau ausgesetzt. Auch im Parlament gibt es, wie die Stuttgarter Zeitung berichtet, Streit zwischen Regierung und Opposition über den Haushalt. Ranghohe Berater des Präsidenten, darunter der Stabschef und der nationale Sicherheitsberater, haben laut Stuttgarter Zeitung ihren Rücktritt angeboten.
Die Opposition kündigte laut ZDF an, Strafanzeige gegen Yoon und weitere Verantwortliche wegen Aufruhrs zu erstatten. Der koreanische Gewerkschaftsbund (KFTU) rief zu einem unbefristeten Generalstreik für Yoons Rücktritt auf. Dem Präsidenten wird vom KFTU eine "irrationale und antidemokratische Maßnahme" vorgeworfen, so das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Es war laut ZEIT ONLINE und Süddeutscher Zeitung das erste Mal seit der Demokratisierung Südkoreas Ende der 1980er Jahre, dass ein Präsident das Kriegsrecht verhängte.
Die Hintergründe der Entscheidung werden weiterhin untersucht. Laut RND soll Yoon von seinem Verteidigungsminister zu dem Schritt gedrängt worden sein, auch der Sicherheitsminister habe die Verhängung befürwortet. Innerhalb der Regierung gibt es aber auch Gegenstimmen, darunter die Außen- und Finanzminister. Die öffentliche Meinung macht jedoch vor allem Präsident Yoon für die umstrittene Entscheidung verantwortlich.
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