Der laufende Strafprozess gegen Marine Le Pen wegen mutmaßlicher Veruntreuung von EU-Geldern wirft einen Schatten auf die französische politische Landschaft und könnte weitreichende Folgen für die Zukunft des Rassemblement National (RN) haben. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) berichtet, steht die Rechtspopulistin vor dem Pariser Strafgericht, da ihr vorgeworfen wird, Gelder des Europäischen Parlaments für Parteizwecke missbraucht zu haben. Die Staatsanwaltschaft fordert zwei Jahre Haft, eine Geldstrafe von 300.000 Euro und fünf Jahre Unwählbarkeit. Dieser mögliche Ausschluss aus der Politik beflügelt die Ambitionen des jungen RN-Vorsitzenden Jordan Bardella, der sich bereits für eine mögliche Präsidentschaftskandidatur in Stellung bringt.
Bardella, der die Partei seit Le Pens Rücktritt vom Vorsitz führt, kritisiert das Verfahren scharf und bezeichnet die Forderung der Staatsanwaltschaft als "Angriff auf die Demokratie". Während Le Pen selbst die Vorwürfe zurückweist und von einer politischen Kampagne spricht, nutzt Bardella die Situation, um sich als Verteidiger der Partei und ihrer Werte zu präsentieren. Er inszeniert sich als energischer Kämpfer gegen das vermeintlich ungerechte Justizsystem und versucht, die Wählerbasis des RN zu mobilisieren.
Der Prozess dreht sich um die Verwendung von Geldern für parlamentarische Assistenten. Die Anklage wirft Le Pen und weiteren RN-Mitgliedern vor, Mitarbeiter des Europäischen Parlaments für Parteiarbeit in Frankreich eingesetzt zu haben. Es geht um eine Summe von knapp sieben Millionen Euro, wie unter anderem die Tagesschau berichtet. Le Pen hatte bereits 330.000 Euro an das Europäische Parlament zurückgezahlt, bestreitet jedoch weiterhin jegliches Fehlverhalten. Sollte sie verurteilt werden, könnte dies das Ende ihrer politischen Karriere bedeuten.
Diese Situation eröffnet Jordan Bardella die Möglichkeit, endgültig aus dem Schatten seiner Vorgängerin zu treten. Der 29-Jährige, der bereits als Europaabgeordneter Erfahrung gesammelt hat, präsentiert sich als moderne und dynamische Alternative. Er versucht, den RN weiter in Richtung bürgerlicher Mitte zu rücken und die Partei von ihrem rechtsextremen Image zu befreien. Wie die Süddeutsche Zeitung analysiert, setzt der RN unter Bardella auf Themen wie Migration, nationale Identität und Wirtschaftspolitik, um ein breiteres Wählerspektrum anzusprechen.
Der Ausgang des Prozesses gegen Le Pen wird entscheidend für die Zukunft des RN sein. Ein Schuldspruch könnte die Partei in eine tiefe Krise stürzen und Bardellas Weg an die Spitze ebnen. Ein Freispruch hingegen würde Le Pen wieder stärken und ihre politische Zukunft sichern. In jedem Fall steht der französische Rechtspopulismus vor einer entscheidenden Weichenstellung.
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