9.11.2024
Machtmissbrauch Im Französischen Autorenfilm

Französischer Autorenfilm: Ein System von Gewalt gegen Frauen?

Die französische Filmlandschaft, insbesondere das als progressiv geltende Autorenkino, sieht sich zunehmend mit Vorwürfen der Gewalt gegen Frauen konfrontiert. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) am 09.11.2024 berichtete, wurden Anfang des Jahres schwere Anschuldigungen der Schauspielerin Judith Godrèche gegen die Regisseure Benoît Jacquot und Jacques Doillon erhoben, die die französische #MeToo-Debatte neu entfachten.

Die emeritierte Filmwissenschaftlerin Geneviève Sellier analysiert in ihrem Buch „Le Culte de l’auteur – Les dérives du cinéma français“ die Strukturen des französischen Autorenfilms. Sellier, die auch die feministische Filmseite „Le Genre et l’écran“ betreibt, argumentiert, dass der Kult um das männliche Schöpfergenie im französischen Kino ein Nährboden für Machtmissbrauch und sexuelle Übergriffe sei. Wie die FAZ weiter ausführt, fordert Sellier einen neuen Blick auf den Autorenfilm, der Fragen nach Geschlecht, Klasse und Rasse berücksichtigt. Der Autorenfilm, als genreübergreifende Kategorie, wurde in Frankreich maßgeblich von den Theoretikern der Nouvelle Vague geprägt.

Die Konzentration von künstlerischer Macht in den Händen des Regisseurs, der oft auch als Drehbuchautor und Produzent fungiert, schafft eine Hierarchie, die Frauen in der Branche besonders vulnerabel macht. Dieses System ermöglicht es einigen Regisseuren, ihre Position auszunutzen und Grenzen zu überschreiten, ohne Konsequenzen fürchten zu müssen.

Die Debatte um Sexismus und Machtmissbrauch im französischen Film ist nicht neu. Immer wieder wurden in der Vergangenheit Vorwürfe gegen prominente Regisseure laut. Doch erst die #MeToo-Bewegung hat dazu geführt, dass diese Vorwürfe öffentlich diskutiert und ernst genommen werden.

Kritiker des französischen Autorenfilms argumentieren, dass die Verehrung des männlichen Genies dazu führt, dass schlechtes Verhalten toleriert oder gar romantisiert wird. Die künstlerische Freiheit wird als Rechtfertigung für Grenzüberschreitungen missbraucht.

Die Frage, die sich stellt, ist, wie ein Wandel in der französischen Filmindustrie erreicht werden kann. Es braucht eine Veränderung der Machtstrukturen und eine Kultur des Respekts und der Gleichberechtigung. Nur so kann sichergestellt werden, dass Frauen in der Filmbranche sicher und frei von Gewalt arbeiten können.

Neben der FAZ wurden auch weitere Quellen für diesen Artikel herangezogen, darunter Artikel über Samuel Fuller, einen amerikanischen Regisseur, der im europäischen Autorenkino Anerkennung fand (Deutschlandfunk, 12.08.2012), sowie Informationen über den Autorenfilm im Allgemeinen (Wikipedia) und die Schauspielerin Stéphane Audran (Moviepilot). Auch ein Artikel über Weltpremieren am Zurich Film Festival (zff.com) lieferte Hintergrundinformationen zur Filmindustrie.

Quellen:

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