20.10.2024
ME/CFS-Diagnosen in Nordrhein-Westfalen verdreifacht

Die Diagnose Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue-Syndrom (ME/CFS) ist in den letzten Jahren deutlich häufiger geworden. Wie die Kassenärztlichen Vereinigungen Nordrhein (KVNO) und Westfalen-Lippe (KVWL) der Deutschen Presse-Agentur in Düsseldorf mitteilten, haben sich die Fallzahlen in Nordrhein-Westfalen innerhalb von zehn Jahren fast verdreifacht. So stieg die Zahl der Patienten mit einer eindeutigen ME/CFS-Diagnose in Westfalen-Lippe zwischen 2014 und 2023 von 8.845 auf 22.531. Im Rheinland wuchs die Zahl der Betroffenen zwischen 2015 und dem ersten Quartal dieses Jahres von 6.863 auf fast 20.000 an.

ME/CFS ist eine schwere neuroimmunologische Erkrankung, die häufig zu einem hohen Grad an körperlicher Behinderung führt. Die Erkrankung kann nach einer Corona-Infektion auftreten und gilt als eine der schwersten Langzeitfolgen von Long Covid. Wie die Leiterin des Fatigue Centrums der Berliner Charité, Carmen Scheibenbogen, gegenüber der dpa erklärte, sei der Anstieg der Diagnosezahlen während der Pandemie auf die Fähigkeit des Coronavirus Sars-CoV-2 zurückzuführen, ME/CFS auszulösen.

Allerdings war bereits vor der Corona-Pandemie ein stetiger Anstieg der gesicherten Diagnosen zu beobachten. Über die Ursachen des Anstiegs vor der Pandemie liegen jedoch keine Daten vor. "Hier kann man nur spekulieren", räumte Scheibenbogen ein. "Ich denke nicht, dass es an Änderungen bei den Viren liegt, die neben Sars-CoV-2 ME/CFS auslösen."

Möglicherweise, so Scheibenbogen, habe sich die Diagnosekompetenz erhöht und damit auch zu höheren registrierten Fallzahlen beigetragen. Die Charité, die als führend in der ME/CFS-Forschung gilt, bietet laut Scheibenbogen bereits seit 2008 Fortbildungen zu dem Krankheitsbild an. In Selbsthilfeforen berichteten viele Betroffene in den vergangenen Jahren von zahlreichen frustrierenden Arztbesuchen, bevor ihre Erkrankung erkannt wurde.

Die meisten Betroffenen stammen laut den Zahlen der KV Nordrhein aus der Altersgruppe der 18- bis 67-Jährigen. Im ersten Quartal dieses Jahres waren es 16.217. Hinzu kommen 270 Patienten unter 18 Jahren und fast 3.500 über 67 Jahren.

Kinder, die aufgrund einer solchen Erkrankung nicht am Präsenzunterricht teilnehmen können, haben die Möglichkeit auf Hausunterricht, heißt es in einer Antwort von NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) auf eine SPD-Anfrage. "Die Schulaufsichtsbehörde richtet auf Antrag der Eltern oder der Schule Hausunterricht unter anderem für Schülerinnen und Schüler ein, die wegen Krankheit voraussichtlich länger als sechs Wochen die Schule nicht besuchen können." Dies gelte auch für Schüler, die wegen einer lange andauernden Erkrankung langfristig und regelmäßig an mindestens einem Tag in der Woche nicht am Unterricht teilnehmen können.

Oft sind Erkrankte über einen langen Zeitraum jedoch gar nicht in der Lage, Leistungen zu erbringen. Neben Fatigue und Belastungsintoleranz können bei ME/CFS noch Muskel-, Kopf- und Gliederschmerzen, Schlaf- und Konzentrationsstörungen sowie weitere schwere körperliche und geistige Beschwerden auftreten. Charakteristisch für die Krankheit ist, dass sich der Zustand nach geringer Anstrengung deutlich verschlechtert.

Nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für ME/CFS in Deutschland wurde die Zahl der Betroffenen vor der Covid-19-Pandemie hierzulande auf etwa 250.000 geschätzt, darunter 40.000 Kinder und Jugendliche. Experten gingen aber davon aus, dass sich die Zahl der Erkrankten durch Covid-19 verdoppelt habe, berichtet der Verein.

Quelle: https://www.zeit.de/news/2024-10/20/zu-erschoepft-fuer-den-alltag-me-cfs-diagnosen-verdreifacht

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