28.11.2024
Melonis Aufstieg in Europa Italiens Rolle im transatlantischen Verhältnis

Giorgia Meloni: Brückenbauerin in Europa?

Die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni hat sich seit ihrem Amtsantritt vor über zwei Jahren eine einflussreiche Stellung in Brüssel und Washington erarbeitet. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) berichtet, ist sie für das politische Jahr 2025 unter den führenden EU-Regierungschefs hervorragend positioniert, sowohl in Bezug auf die EU unter Ursula von der Leyen als auch gegenüber den USA unter Donald Trump.

Nach den Europawahlen im Juni konnte Meloni eine anfängliche Niederlage in einen politischen Erfolg umwandeln. Die FAZ schildert, wie Scholz und Macron die Spitzenpositionen in der EU-Kommission ohne italienische Beteiligung besetzten, was in einigen europäischen Ländern als Melonis „Isolierung“ interpretiert wurde. Meloni setzte jedoch ihren Parteikollegen Raffaele Fitto als exekutiven Vizepräsidenten der EU-Kommission mit dem wichtigen Ressort für Kohäsion und Reformen durch. Dadurch erlangte Italien, laut FAZ, den politischen Einfluss zurück, der ihm als EU-Gründungsmitglied und drittgrößter Wirtschaftsmacht der Union zusteht.

Melonis pragmatischer Kurs unterscheidet sie von anderen Politikern der „Neuen Rechten“, wie zum Beispiel Viktor Orbán. Sie pflegt, so die FAZ, enge Beziehungen zu von der Leyen und Manfred Weber (EVP). Meloni hat Webers „Dreipunkte-Test“ für eine Zusammenarbeit mit der EVP erfüllt: Sie positioniert sich „pro Europa, pro Ukraine und pro Rechtsstaat“. Diese Haltung, verbunden mit stabilen Koalitionsverhältnissen und hohen Zustimmungswerten in Italien, stärkt ihre Position innerhalb der EU.

Cash.ch analysiert Melonis mögliche Rolle als Brückenbauerin zwischen den verschiedenen Fraktionen der Rechten und der rechten Mitte in Europa. Ihr Einfluss könnte durch die Unterstützung einer zweiten Amtszeit von der Leyens als EU-Kommissionspräsidentin weiter wachsen. Im Gegenzug könnte Meloni ein wichtiges Ressort für Italien in der nächsten Kommission für sich beanspruchen.

Auch das Verhältnis zu den USA unter Trump ist für Meloni bedeutsam. Die Berliner Zeitung berichtet über die bereits bestehenden guten Beziehungen zwischen Meloni und Trump, die durch ihren gemeinsamen Aufstieg an die Regierungsspitze gefestigt wurden. Beide vertreten eine harte Linie in der Migrationspolitik und streben eine Abkehr von internationalen bzw. europäischen Klimaverpflichtungen an. Italien hat sich unter Meloni aus dem chinesischen Seidenstraßen-Projekt zurückgezogen, was in Washington positiv bewertet wurde, berichtet die FAZ. Italien könnte als verlässlicher NATO-Partner an der Südflanke und als Tor zu Afrika an Bedeutung gewinnen.

Telepolis beleuchtet die kontroversen Meinungen zu Meloni. Während einige sie als Gefahr für die Demokratie betrachten, sehen andere in ihr eine Verteidigerin traditioneller italienischer Werte. Die Kontrolle über die Medien und der Umgang mit kritischen Journalisten geben Anlass zur Sorge. Meloni betont, es gäbe keine Probleme mit der Pressefreiheit, während kritische Journalisten von zunehmendem Druck berichten.

Die Tagesschau berichtet über die Kritik an EVP-Chef Weber wegen seiner Kontakte zu Meloni. Weber sieht Melonis pro-europäische Haltung und ihre Unterstützung der Ukraine im Einklang mit den Prinzipien der EVP. Diese Annäherung wird jedoch von Mitgliedern seiner eigenen Fraktion und anderen Europapolitikern kritisch gesehen, die eine klare „Brandmauer nach rechts“ fordern.

Der Spiegel analysiert Melonis politischen Erfolg und bezeichnet sie als die „geschickteste Populistin Europas“. Ihr gelinge es, in Italien radikal und in der EU pragmatisch zu agieren, was sie von anderen Rechtspopulisten unterscheide.

Melonis Rolle als Brückenbauerin ist komplex und wird unterschiedlich bewertet. Ihr pragmatischer Kurs in der EU, die guten Beziehungen zu den USA unter Trump und ihre Positionierung in der europäischen Rechten machen sie zu einer Schlüsselfigur der europäischen Politik.

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