Nach dem Bruch der Ampelkoalition fordert der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf, unverzüglich die Vertrauensfrage im Bundestag zu stellen. Wie die Süddeutsche Zeitung berichtet, drängen Merz und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt auf ein schnelles Vorgehen. Merz sprach von einem Termin "spätestens Anfang nächster Woche" und brachte die zweite Januarhälfte als möglichen Neuwahltermin ins Spiel. Die Unionsfraktion habe die Forderung nach der Vertrauensfrage einstimmig beschlossen, so Merz. Scholz hingegen plant die Vertrauensfrage erst in der ersten Sitzungswoche des neuen Jahres am 15. Januar zu stellen, um noch im Dezember Gesetze verabschieden zu können. Er strebt eine Neuwahl im März an.
Merz kritisierte Scholz' Zeitplan und argumentierte, Deutschland könne sich eine monatelange Regierung ohne Mehrheit nicht leisten. Er verwies auf internationale Verpflichtungen und Entscheidungen in der Europäischen Union, die eine handlungsfähige Bundesregierung erforderten. Die Süddeutsche Zeitung zitiert Merz mit den Worten: "Wir können es uns einfach nicht leisten, jetzt über mehrere Monate hin eine Regierung ohne Mehrheit in Deutschland zu haben und anschließend über weitere Monate einen Wahlkampf zu führen und dann möglicherweise mehrere Wochen Koalitionsverhandlungen zu führen." Dobrindt unterstützte Merz und bezeichnete eine Fortsetzung der Regierungstätigkeit durch eine "Restampel" aus SPD und Grünen als "arrogant und respektlos" gegenüber den Wählerinnen und Wählern.
Merz bot Scholz Gespräche an, um zu prüfen, welche Gesetzesprojekte die Union bis zu einer Neuwahl noch mittragen könne. Er betonte die Bereitschaft der Union, Verantwortung zu übernehmen. Wie die Tagesschau berichtet, will Merz die Forderung nach einem persönlichen Gespräch mit dem Bundeskanzler vortragen und anschließend mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier über die Lage sprechen. Bereits am Vortag hatten sich Forderungen nach einer zügigeren Vertrauensfrage gehäuft. CSU-Chef Markus Söder forderte auf der Plattform X schnellstmögliche Neuwahlen und kritisierte den von Scholz anvisierten Termin Mitte Januar als zu spät.
Auch andere Parteien schlossen sich der Forderung nach einer schnelleren Vertrauensfrage an. Die AfD sprach von einem notwendigen "Neuanfang" und kritisierte das "Personalchaos" in der Ampel. Die BSW-Vorsitzende Sahra Wagenknecht warf Scholz "politische Insolvenzverschleppung" vor und kritisierte seinen Plan, die Schuldenbremse für die Finanzierung der Ukraine-Hilfe auszusetzen. Die Grünen hingegen kritisierten Lindners "Egoismen" und "destruktive Herangehensweise", die eine Einigung über den Bundeshaushalt verhindert hätten.
Der bisherige Wirtschaftsberater von Scholz, Jörg Kukies (SPD), wird nach Informationen der Süddeutschen Zeitung Nachfolger von Lindner als Finanzminister. Kukies ist promovierter Wirtschaftswissenschaftler und arbeitete zuvor unter anderem bei Goldman Sachs. Er gilt als enger Vertrauter von Scholz.
Der Bundestag unterbrach seine Sitzung aufgrund der Unklarheit über das weitere Vorgehen nach dem Ampel-Bruch. Scholz will laut eigenen Aussagen noch mehrere drängende Vorhaben abschließen, bevor Neuwahlen stattfinden. Bundespräsident Steinmeier erklärte, die Entlassung Lindners und der FDP-Minister Bettina Stark-Watzinger und Marco Buschmann vornehmen zu wollen. Er betonte die Stärke der deutschen Demokratie und seine Bereitschaft, den Bundestag nach einem Misstrauensvotum aufzulösen.
Quellen: