Der Mehrwertsteuerbetrug innerhalb der EU verursacht jährlich Schäden in Milliardenhöhe. Wie die Süddeutsche Zeitung (SZ) in einem Artikel vom 4. März 2025 berichtet, wurden allein in einem Fall in München über 80 Millionen Euro über eine Briefkastenfirma auf ein Konto eingezahlt und anschließend "in einer Sporttasche" täglich in bar abgehoben, ohne dass die Bank Alarm schlug. André Ritter, Vizechef der Europäischen Staatsanwaltschaft (EUStA), bezeichnete dies im Jahresbericht der Behörde als ein besonders drastisches Beispiel für mangelnde Geldwäschebekämpfung. Die SZ zitiert Ritter mit den Worten, es sei "sehr überraschend gewesen", dass bei diesen Vorgängen "nicht alle Alarmglocken" läuteten.
Die EU-Kommission schätzt, dass den Mitgliedsstaaten jährlich 140 Milliarden Euro an Mehrwertsteuereinnahmen durch Betrug entgehen, wie der ORF am 10. September 2020 berichtete. Für Österreich allein belief sich der Schaden im Jahr 2018 auf 2,9 Milliarden Euro. Die sogenannte "Mehrwertsteuerlücke", also die Differenz zwischen erwarteten und tatsächlichen Einnahmen, ist zwar in den letzten Jahren leicht gesunken, bleibt aber weiterhin enorm. EU-Wirtschaftskommissar Gentiloni forderte im Zusammenhang mit dem Bericht mehr Entschlossenheit im Kampf gegen den Mehrwertsteuerbetrug.
Ein gängiges Betrugsschema ist das sogenannte "Karussellgeschäft", bei dem Scheinfirmen in verschiedenen EU-Ländern Waren hin- und herschieben, ohne Mehrwertsteuer abzuführen. Wie die Tagesschau am 4. Oktober 2017 berichtete, wird die Mehrwertsteuer erst beim tatsächlichen Verkauf der Ware fällig, wird dann aber nicht an den Fiskus abgeführt. Die beteiligten Firmen verschwinden anschließend oft spurlos. EU-Finanzkommissar Pierre Moscovici bezeichnete dieses System als "größten Betrug in der EU überhaupt".
Nicht nur innerhalb der EU, sondern auch im grenzüberschreitenden Handel mit Drittstaaten kommt es zu Betrugsfällen. Der Südkurier berichtete am 27. Juni 2017 über einen Bericht des Bundesrechnungshofs, der Missbrauch bei der Mehrwertsteuer-Rückerstattung für in Deutschland lebende Personen aufdeckte. Diese lassen sich demnach Einkäufe von Freunden oder Bekannten in der Schweiz erstatten, um die Mehrwertsteuer zu umgehen. Der Rechnungshof kritisierte, dass dieser Missbrauch dem deutschen Fiskus Steuereinnahmen in Millionenhöhe entgehen lässt und forderte die Einführung einer Bagatellgrenze.
Verwendete Quellen:
https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/europaeische-staatsanwaltschaft-jahresbericht-ermittlungen-li.3213277
https://www.tagesschau.de/wirtschaft/mehrwertsteuer-eu-101.html
https://orf.at/stories/3180835
https://www.suedkurier.de/baden-wuerttemberg/Bundesrechnungshof-Fiskus-entgehen-Millionen-durch-Missbrauch-bei-Rueckerstattung-von-Mehrwertsteuer;art417930,9305686