19.10.2024
Neue Wege in der Drogenpolitik: Cannabisabgabe in Apotheken in Deutschland

Drogenpolitik: Cannabis für alle in der Apotheke?

Die Diskussion um die Legalisierung von Cannabis nimmt in Deutschland immer mehr Fahrt auf. In der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden wurde nun ein bedeutender Schritt in Richtung einer neuen Drogenpolitik unternommen. Die Gesundheitsdezernentin Milena Löbcke hat eine Absichtserklärung unterzeichnet, die die Teilnahme an einem bundesweiten Modellprojekt vorsieht. Dieses Projekt zielt darauf ab, Cannabis in Apotheken ohne Rezept abzugeben. Diese Initiative ist jedoch nicht ohne Kontroversen.

Hintergrund des Vorhabens

Bereits im Herbst 2021 entschied die Stadtverordnetenversammlung von Wiesbaden, sich im Hinblick auf die angekündigte Teillegalisierung von Cannabis mit anderen Kommunen abzustimmen. Die Überlegung war, dass ein Modellprojekt nur dann sinnvoll ist, wenn alle großen Städte der Rhein-Main-Region daran teilnehmen. Andernfalls könnte Wiesbaden zu einem Anziehungspunkt für Käufer aus der Umgebung werden.

Das Modellprojekt wird vom Verein Cannabis Forschung Deutschland initiiert und erhält wissenschaftliche Begleitung durch das Zentrum für Interdisziplinäre Suchtforschung in Hamburg. Neben Wiesbaden haben auch andere Städte in Deutschland Interesse an einer Teilnahme signalisiert. Die Abgabe von Cannabis soll ausschließlich durch etablierte und fachkundige Apotheken in Wiesbaden erfolgen. Eine neu geschaffene Koordinierungsstelle im Gesundheitsamt wird die kommunale Begleitung des Vorhabens übernehmen.

Politische Reaktionen

Die Reaktionen auf das Vorhaben sind gemischt. Löbcke bezeichnet den Plan als Ausdruck einer „zeitgemäßen Sucht- und Drogenpolitik“, die darauf abzielt, den Schwarzmarkt zu marginalisieren und die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen zu schützen. Sie betont, dass die hohen pharmazeutischen Standards der Apotheken auch bei der Abgabe von Cannabis gelten sollen. Viele Apotheken in Wiesbaden haben bereits Erfahrung mit der Abgabe von Medizinalcannabis für therapeutische Zwecke.

Allerdings gibt es auch kritische Stimmen. Denis Seldenreich, der Vorsitzende der AfD-Rathausfraktion, spricht sich gegen das Modellprojekt aus und bezeichnet es als „unverantwortlich und gefährlich“. Er argumentiert, dass die freie Verfügbarkeit von Cannabis ein falsches Signal in Bezug auf die Gefahren des Konsums sende und die Präventionsarbeit gefährde. Seldenreich fordert stattdessen einen Fokus auf Aufklärung und Prävention, um den Drogenmissbrauch einzudämmen.

Der Weg zur Umsetzung

Die endgültige Beteiligung Wiesbadens an dem Forschungsvorhaben hängt von der Genehmigung des Antrags durch das Bundesamt für Ernährung und Landwirtschaft ab. Bis zu diesem Zeitpunkt müssen alle Rahmenbedingungen für das Projekt festgelegt werden. Die Stadtverwaltung hat betont, dass die Beteiligung einer renommierten Forschungseinrichtung und eines Trägervereins, der Erfahrungen aus Schweizer Modellversuchen hat, gute Voraussetzungen für den Erfolg des Projekts bietet.

Die Rolle der Apotheken

Die Apotheken in Wiesbaden sollen eine zentrale Rolle in diesem Modellprojekt spielen. Es wird erwartet, dass nur Apotheken, die über hohe Fachkenntnis verfügen, Cannabis abgeben dürfen. Dies soll sicherstellen, dass die Abgabe unter strengen Qualitätskontrollen erfolgt und die Verbraucher gut beraten werden. Apotheker könnten durch ihre Expertise auch auffälliges Konsumverhalten erkennen und darauf reagieren.

Gesundheitliche und gesellschaftliche Aspekte

Die Legalisierung von Cannabis wird von vielen als notwendiger Schritt angesehen, um den Schwarzmarkt einzudämmen und die Qualität der Produkte zu kontrollieren. Der Schwarzmarkt ist häufig mit Gesundheitsrisiken verbunden, da die Qualität und Reinheit der Substanzen nicht garantiert werden können. Durch die legale Abgabe in Apotheken könnte die Gesellschaft von einer besseren Kontrolle und Aufklärung profitieren.

Die Bundesregierung hat betont, dass der Schutz von Kindern und Jugendlichen ein zentrales Anliegen der neuen Drogenpolitik ist. Es sind Maßnahmen geplant, um sicherzustellen, dass Minderjährige keinen Zugang zu Cannabis erhalten. Dazu gehört unter anderem ein Werbeverbot für Cannabisprodukte sowie Aufklärungskampagnen, die über die Risiken des Konsums informieren sollen.

Fazit

Das Modellprojekt in Wiesbaden könnte ein wichtiger Schritt in der Drogenpolitik Deutschlands sein. Die Legalisierung von Cannabis in Apotheken könnte dazu beitragen, den Schwarzmarkt zu bekämpfen und die öffentliche Gesundheit zu fördern. Dennoch bleibt abzuwarten, wie die politischen Debatten weiter verlaufen und welche konkreten Regelungen letztendlich umgesetzt werden. Die Diskussion um Cannabis bleibt ein sensibles Thema, das sowohl gesundheitliche als auch gesellschaftliche Dimensionen umfasst.

Quellen:

Weitere
Artikel