Der Verzicht von Boris Pistorius auf eine Kanzlerkandidatur beendet wochenlange Spekulationen und parteiinterne Diskussionen innerhalb der SPD. Wie die F.A.Z. kommentiert, hätte Pistorius die Debatte frühzeitig beenden können, ließ sie aber laufen und zog erst jetzt die Notbremse. Der Schaden für Scholz und die SPD sei dennoch groß.
Pistorius begründete seinen Verzicht damit, dass er die Kanzlerkandidatur nicht angestrebt und sich nicht ins Gespräch gebracht habe. Wie die Tagesschau berichtet, betonte er in den Tagesthemen seine Loyalität zu Scholz und seinen Wunsch, Verteidigungsminister zu bleiben. Er sehe sein Amt nicht als Karrieresprungbrett. Gleichzeitig rief er die SPD dazu auf, geschlossen hinter Scholz zu stehen und den Wahlkampf engagiert zu führen.
Die F.A.Z. sieht Pistorius jedoch nicht als Opfer der Affäre. Er sei der Hoffnungsträger vieler SPD-Mitglieder gewesen, die angesichts schlechter Umfragewerte um ihre Mandate fürchteten. Sein Zögern, sich klar zu positionieren, habe den Eindruck erweckt, er warte auf eine eindeutige Stimmungswende innerhalb der Partei. Der Tagesspiegel sieht in Pistorius‘ Verhalten zwar eine gewisse politische Klugheit, kritisiert aber die SPD-Führung für die öffentliche Zurschaustellung der parteiinternen Zerstrittenheit.
Die tagelangen Diskussionen haben Scholz laut ZDF geschwächt. Obwohl er nun als Kanzlerkandidat gesetzt ist, bleibt die Frage, wie motiviert die Partei hinter ihm stehen wird. Der Politikwissenschaftler Albrecht von Lucke sieht im späten Eingreifen von Scholz ein „Desaster sondergleichen“ und kritisiert das fehlende klare Vorgehen des Kanzlers und der Parteispitze. Laut der Frankfurter Rundschau hatten sich zahlreiche SPD-Politiker bereits vor Pistorius‘ Verzicht für Scholz ausgesprochen, während andere Pistorius als bessere Wahl sahen.
Die K-Frage hat die SPD laut Stern in zwei Lager gespalten. Während einige die Entscheidung von Pistorius bedauern, sehen andere in Scholz den richtigen Kandidaten. Die Reaktionen in den sozialen Medien fallen ebenfalls gemischt aus. Einige sehen in Merz bereits den nächsten Kanzler, andere kritisieren Pistorius für sein spätes Statement.
Die SPD steht nun vor der Herausforderung, die Reihen zu schließen und einen erfolgreichen Wahlkampf zu führen. Ob Scholz die Partei hinter sich vereinen und die Wähler überzeugen kann, bleibt abzuwarten.