Wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) am 28. November 2024 meldete, wurden Polioviren im Abwasser von München, Bonn, Köln und Hamburg gefunden. Das Robert Koch-Institut (RKI) bestätigte den Fund, betont aber, dass bisher keine Verdachtsfälle oder Erkrankungen an Kinderlähmung vorliegen. Die Meldung wurde unter anderem von der Zeit Online veröffentlicht.
Bei den nachgewiesenen Viren handelt es sich nicht um den fast ausgerotteten Wildtyp des Poliovirus, sondern um abgeschwächte Viren aus der oralen Polio-Schluckimpfung. Diese Impfmethode wird hauptsächlich in Asien und Afrika angewendet. Geimpfte Personen können die abgeschwächten Viren bis zu sechs Wochen ausscheiden. Es wird vermutet, dass die im Abwasser gefundenen Erreger auf diesem Weg nach Deutschland gelangten.
Das RKI weist darauf hin, dass bei anhaltender Viruszirkulation Erkrankungen bei nicht ausreichend geimpften Personen in Deutschland möglich sind. Die Wahrscheinlichkeit hierfür sei aufgrund der hohen Impfquote (ca. 90%) und der guten Hygienebedingungen in Deutschland gering. Trotzdem empfiehlt das RKI, Impflücken zu schließen und medizinisches Personal für die Symptome der Kinderlähmung zu sensibilisieren.
Poliomyelitis (Kinderlähmung) ist eine hochansteckende Infektionskrankheit, die bei Ungeimpften zu bleibenden Lähmungen führen kann. Eine Therapie existiert nicht. Die Übertragung erfolgt meist über Schmierinfektion durch kontaminierte Hände, in Ländern mit schlechten Hygienestandards auch über verunreinigtes Wasser.
Der Nachweis der Polioviren im Abwasser deutet laut RKI auf eine Zirkulation der Erreger hin. Die Landesbehörden und die Weltgesundheitsorganisation (WHO) wurden informiert. Weitere Abwasserproben werden analysiert. Auch in anderen europäischen Städten, wie Barcelona (Spanien) und Warschau (Polen), wurden kürzlich Polioviren im Abwasser gefunden.
Die Verwendung des Schluckimpfstoffs trägt ein geringes Risiko für eine sogenannte Impf-Polio, sowohl für die geimpfte Person als auch für Kontaktpersonen. Die Symptome sind identisch mit einer durch Wildviren verursachten Polio-Erkrankung. Durch die Vermehrung der Impfviren im Körper kann sich der abgeschwächte Erreger verändern und so das Nervensystem infizieren, was zu Lähmungen führen kann.
In Deutschland wird ausschließlich inaktivierter Polioimpfstoff verwendet, mit dem Babys ab dem zweiten Lebensmonat geimpft werden. Ein vollständiger Impfschutz schützt vor der Erkrankung.
Quellen: