In Nora Fingscheidts Verfilmung von Amy Liptrots autobiografischem Roman „The Outrun“ kehrt Saoirse Ronan als Rona zu ihren Wurzeln auf die Orkney-Inseln zurück, um ihre Alkoholsucht und die Traumata ihrer Vergangenheit aufzuarbeiten. Andreas Kilb beschreibt in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (F.A.Z.), wie Rona, die sich zunächst von den Orkneys per Fähre entfernen will, im letzten Moment umkehrt und sich der Konfrontation mit ihrer Familie stellt: dem manisch-depressiven Vater, der religiösen Mutter und ihrer eigenen, von beiden missverstandenen Rolle als Tochter. Die Abgeschiedenheit der Inselgruppe dient als Kulisse für Ronas inneren Kampf.
Rückblenden, so Kilb in der F.A.Z., zeigen Ronas Leben in London: Exzesse, Abstürze und schließlich die Trennung von ihrem Freund als Tiefpunkt. Saoirse Ronan, bekannt aus Filmen wie „Brooklyn“ und „Lady Bird“, brilliert laut F.A.Z. in der Darstellung der inneren Leere, die nach dem Rausch zurückbleibt – eine Herausforderung, die laut Kilb noch größer sei als die Darstellung des Rausches selbst. Ronans intensive Darstellung lässt den Zuschauer die Zerrissenheit der Protagonistin unmittelbar nachempfinden.
Zurück auf den Orkneys erleidet Rona einen Rückfall und zieht sich, wie die F.A.Z. berichtet, in ein Cottage auf der Insel Papay zurück – dem eigentlichen Ausgangspunkt von Liptrots Roman. Inmitten der rauen Natur der Orkneys, beim Sammeln von Seegras, konfrontiert sich Rona mit ihrer Einsamkeit. Die zunächst fremdartig wirkende Natur wird im Verlauf des Films zu einem Begleiter auf ihrem Weg zur Genesung.
Fingscheidt, die 2019 mit „Systemsprenger“ den Silbernen Bären der Berlinale gewann, inszeniert „The Outrun“ laut F.A.Z. nicht als reines Drama des Leidens. Der Film entfaltet sich im Dialog zwischen Regisseurin und Schauspielerin. Die Perspektive der Erzählerin wird aufgebrochen, die Außenwelt dringt in Ronas Innenleben ein. Die Natur der Orkneys ist nicht nur Kulisse, sondern integraler Bestandteil von Ronas Entwicklung.
Die Musik in Ronas Kopfhörern übertönt zunächst die Geräusche der Natur. Erst als sie die Melodie der Wellen durch die Musik hindurch wahrnimmt, erkennt sie das Zeichen zum Aufbruch, so die F.A.Z. Kilb bezeichnet „The Outrun“ als einen fesselnden Film, der ein eindringliches Porträt einer Frau zeichnet, die sich auf den Klippen ihrer Vergangenheit selbst begegnet.
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