19.10.2024
Schulnamensdebatte: Tradition trifft auf moderne Werte

Schulen: Preußler-Gymnasium: Neues Schuljahr mit ungeliebtem Namen

Das Otfried-Preußler-Gymnasium in Pullach hat sich in den letzten Monaten in einem intensiven Diskurs über die Umbenennung seiner Schule befunden. Der Wunsch, den Namen des bekannten Kinderbuchautors Otfried Preußler abzulegen, wurde von der Lehrerkonferenz, dem Elternbeirat und der Schülermitverantwortung unterstützt. Diese Entscheidung wurde am 30. Januar 2024 von Schulleiter Benno Fischbach bekannt gegeben. Der Pullacher Gemeinderat hat sich dieser Forderung angeschlossen, was die Debatte weiter anheizte.

Die Gründe für die angestrebte Namensänderung sind vielschichtig. Ein zentraler Punkt ist die frühe Mitgliedschaft Preußlers in der Hitlerjugend sowie sein Frühwerk „Erntelager Geyer“, das in den Jahren 1940 und 1942 entstand. In diesem Werk wird das Leben in der Hitlerjugend in einem positiven Licht dargestellt, was in der heutigen Zeit auf erhebliche Kritik stößt. Die Schulleitung argumentiert, dass es keinen Bezug Preußlers zu Pullach gebe und dass die Schule das einzige Gymnasium unter mehr als 20 Schulen sei, die seinen Namen tragen. Zudem seien die Schüler mit dem Eintritt in das Gymnasium oft bereits „entwachsen“ gegenüber den Themen, die in Preußlers Geschichten behandelt werden.

Der Prozess der Umbenennung ist jedoch nicht ohne Kontroversen. Kritiker sprechen von einer „Hexenjagd“ gegen Preußler und der Sudetendeutschen Volksgruppe äußerte Bedenken hinsichtlich der Entscheidung, die als übertrieben und nicht gerechtfertigt angesehen wird. Diese Gruppe argumentiert, dass Preußler sich in seinem späteren Leben von den nationalsozialistischen Ideologien distanziert hat und ein Lebenswerk aufgebaut hat, das auf Toleranz und Völkerverständigung abzielt.

Die Diskussion um den Namen des Gymnasiums hat auch breitere gesellschaftliche Debatten über Cancel Culture und den Umgang mit historischen Figuren angestoßen. Während einige die Umbenennung als notwendigen Schritt zur Aufarbeitung der Geschichte betrachten, sehen andere darin eine übertriebene Reaktion auf die Vergangenheit. Diese Debatte spiegelt sich auch in den Reaktionen der Schulgemeinschaft wider, die sich in den letzten Monaten zunehmend polarisiert hat.

Der Antrag auf Umbenennung wurde im März 2024 beim Kultusministerium eingereicht. Ministerin Anna Stolz hatte angekündigt, dass der Antrag mit der nötigen Sensibilität geprüft werde. Bislang gibt es jedoch noch keine Entscheidung, was zu Frustration innerhalb der Schulgemeinschaft führt. Die Schulleitung hat betont, dass es nicht darum gehe, den Wert von Preußlers Werk zu schmälern, sondern dass die Entscheidung auf einer umfassenden Diskussion und Überlegung basiere.

Die Schule war erst vor etwa zehn Jahren nach Otfried Preußler benannt worden, was die aktuelle Diskussion umso bemerkenswerter macht. Die Umbenennung könnte bedeuten, dass die Schule wieder den Namen „Staatliches Gymnasium Pullach i. Isartal“ annimmt, den sie vor der Umbenennung trug. Die Schulgemeinschaft ist gespannt auf die Entscheidung des Ministeriums und hofft auf eine zeitnahe Klärung der Situation.

In der Zwischenzeit bleibt das Otfried-Preußler-Gymnasium unter seinem umstrittenen Namen im neuen Schuljahr aktiv. Die Schulgemeinschaft steht vor der Herausforderung, die Tradition und die Werte der Schule mit den Erwartungen und Ansichten der heutigen Gesellschaft in Einklang zu bringen.

Die Diskussion um den Namen des Gymnasiums ist ein Beispiel für die komplexen Fragen, die sich aus der Auseinandersetzung mit der Geschichte ergeben. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Situation entwickeln wird und welche Entscheidungen letztlich getroffen werden.

Die Debatte um das Otfried-Preußler-Gymnasium ist nicht nur eine lokale Angelegenheit, sondern spiegelt auch größere gesellschaftliche Trends wider, die den Umgang mit historischen Persönlichkeiten und deren Erbe betreffen. Die Schulgemeinschaft wird weiterhin in einem Spannungsfeld zwischen Tradition und Moderne navigieren müssen, während sie gleichzeitig die Stimmen aller Beteiligten berücksichtigt.

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