October 2, 2024
Strategische Veränderungen an der Ostfront der Ukraine

Die Ukraine verliert im Osten ihren Vorposten Wuhledar

Wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) berichtet, hat die Ukraine nach inoffiziellen Berichten an ihrer Ostfront einen strategisch wichtigen Vorposten verloren: die Bergarbeiterstadt Wuhledar. Nach monatelangen, verlustreichen Kämpfen sollen russische Truppen in die stark zerstörte Stadt im Gebiet Donezk einmarschiert sein. Russische Militärblogs verbreiteten Fotos von russischen Flaggen auf Gebäuden in Wuhledar, das vor dem Krieg knapp 15.000 Einwohner zählte. Auch ukrainische Militärbeobachter sollen die Stadt auf ihren Karten als russisch kontrolliert markiert haben.

Eine offizielle Bestätigung des Verlustes von Wuhledar durch die Ukraine steht noch aus. Präsident Wolodymyr Selenskyj äußerte sich in seiner abendlichen Videoansprache nicht zu den Kampfhandlungen um die Stadt. Stattdessen widmete er sich der Kooperation der Ukraine mit ausländischen Rüstungsfirmen. In Kiew findet derzeit ein Forum der Verteidigungsindustrie statt, an dem Vertreter aus über 30 Ländern und fast 300 ukrainische und ausländische Unternehmen teilnehmen.

Am Dienstag, dem Tag des Vaterlandsverteidigers, gedachte die Ukraine mit einer Schweigeminute ihrer gefallenen Soldaten. In der Nacht zum Mittwoch wurde für mehrere Gebiete im Norden und in der Mitte des Landes erneut Luftalarm ausgelöst. Die ukrainische Luftwaffe meldete zahlreiche russische Kampfdrohnen in der Luft.

Verlustreicher Kampf um Wuhledar

Seit Monaten befinden sich russische Truppen in der Ostukraine auf dem Vormarsch. Die Situation für die ukrainischen Streitkräfte hat sich seit dem Beginn der ukrainischen Gegenoffensive im Gebiet Charkiw im August und der Verlegung mehrerer Brigaden aus der Ostukraine in das neue Operationsgebiet verschlechtert. Mehrere Kleinstädte sind seither von russischen Truppen erobert worden.

Im Fall Wuhledar hatte die russische Armee lange Zeit vergeblich versucht, die Stadt einzunehmen und dabei hohe Verluste erlitten. Zuletzt gelang es den russischen Truppen jedoch, die stark befestigte Stadt im Osten und Westen zu umgehen und nahezu einzukreisen. Über einen geordneten Rückzug der letzten ukrainischen Verteidiger gibt es keine Berichte. Russische Militärblogger gingen davon aus, dass sich in der Stadt noch vereinzelte ukrainische Soldaten aufhalten.

Die ukrainischen Streitkräfte haben sich zu den Kämpfen um Wuhledar bislang nicht geäußert. In den Lageberichten des ukrainischen Generalstabs ließ sich die Entwicklung nur indirekt herauslesen. Während am Dienstagmorgen noch Kämpfe um Wuhledar erwähnt wurden, fehlte die Stadt in den Berichten für den Nachmittag und Abend. Die russischen Angriffe konzentrierten sich demnach auf das nächstgelegene Dorf Bohojawlenka.

Ukrainische Rüstungsindustrie stockt rasch auf

Für die Aufrüstung der ukrainischen Armee sind nach Worten Selenskyjs nicht nur staatliche Militärhilfen anderer Länder notwendig. "Für die Ukraine ist es absolut entscheidend, dass nicht nur Partnerländer, sondern auch Verteidigungsunternehmen aus der ganzen Welt zunehmend an einer Zusammenarbeit mit uns und unserer Verteidigungsindustrie interessiert sind", sagte er. 

Es gebe Investitionen von außen in die ukrainische Rüstungsbranche wie auch ausländische Firmen, die in der Ukraine produzierten. "Die Ukraine stellt bereits Dinge her, die wir vorher nicht hatten, wie das Kaliber 155 und unsere Langstreckendrohnen, unsere Marinedrohnen." Neben anderen Rüstungsfirmen sind Rheinmetall aus Deutschland und die deutsch-französische KNDS in der Ukraine aktiv.

Die Ukraine werde bis Jahresende 1,5 Millionen Drohnen hergestellt haben, sagte Ministerpräsident Denys Schmyhal bei einer Regierungssitzung. Die Rüstungsproduktion des Landes habe sich im Vergleich zu 2023 verdreifacht. Bei dem Rüstungsforum sagte Selenskyj, sein Land habe im ersten Halbjahr dieses Jahres 25 Mal mehr Munition produziert als 2022. Die Ukraine habe auch eine eigene ballistische Rakete erfolgreich getestet.

Quelle: https://www.zeit.de/news/2024-10/02/ukraine-verliert-im-osten-ihren-vorposten-wuhledar

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