Zwölf Jahre nach Beginn des syrischen Bürgerkriegs stellt sich für die rund 3,4 Millionen Syrerinnen und Syrer, die in der Türkei unter vorübergehendem Schutzstatus leben, die Frage nach ihrer Zukunft. Wie das UNHCR im Mai 2023 feststellte, ist die Türkei damit das weltweit größte Aufnahmeland für Geflüchtete. Der Großteil lebt in Istanbul und den südöstlichen Provinzen. Die Debatte über eine mögliche Rückkehr in ihre Heimat wird in der Türkei bereits intensiv geführt, wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) im Dezember 2024 berichtete, obwohl diese für viele mit erheblichen Unsicherheiten verbunden ist.
Im Gegensatz zur anfänglichen Bezeichnung als "Gäste" durch die türkische Regierung hat sich der politische Diskurs verändert. Die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) analysierte im Juli 2023, dass der Druck auf syrische Geflüchtete, das Land zu verlassen, voraussichtlich steigen wird. Berichte über zunehmende Feindseligkeiten, willkürliche Inhaftierungen und Abschiebungen, wie von der Tagesschau im September 2023 dokumentiert, schüren die Angst unter den Betroffenen. Die wirtschaftliche Situation vieler syrischer Geflüchteter ist prekär. Laut bpb lebten bereits vor der COVID-19-Pandemie 64 Prozent der syrischen Haushalte in türkischen Städten unter der Armutsgrenze. Obwohl die türkische Regierung 2016 den Zugang zu Arbeitserlaubnissen erleichterte, bleibt die formelle Beschäftigung für viele begrenzt. Viele Syrerinnen und Syrer arbeiten in informellen Bereichen und sind somit Ausbeutung ausgesetzt.
Die Integration in die türkische Gesellschaft gestaltet sich für viele Geflüchtete schwierig. Sprachbarrieren, die Herausforderungen des Lebens in den Großstädten und mangelnde Bildungschancen für Kinder erschweren den Aufbau eines neuen Lebens. Ein Drittel der syrischen Kinder im schulpflichtigen Alter besuchte laut bpb keine Schule. Der Wunsch nach einer besseren Zukunft treibt viele Syrer dazu, die gefährliche Weiterreise nach Europa in Erwägung zu ziehen. Wie der Deutschlandfunk Kultur im November 2015 berichtete, ist der Istanbuler Aksaray Meydani ein bekannter Anlaufpunkt für Schlepper, die diese Weiterreise organisieren.
Die türkische Regierung hat mit dem Bau von Unterkünften in Syrien begonnen, um die Rückkehr von Geflüchteten zu fördern. Präsident Erdoğan plant, bis zu einer Million Syrer in diese Gebiete abzuschieben, wie das ZDF im Februar 2024 berichtete. Die Sicherheitslage in Syrien bleibt jedoch instabil, wie aus einem Bericht des Auswärtigen Amtes aus dem Jahr 2023 hervorgeht. Willkürliche Verhaftungen, Folter und das Verschwindenlassen von Personen sind weiterhin an der Tagesordnung. Auch die kurdisch kontrollierten Gebiete im Osten Syriens werden regelmäßig von der Türkei bombardiert. Unter diesen Umständen ist eine Rückkehr für viele syrische Geflüchtete unvorstellbar.
Die Zukunft der syrischen Geflüchteten in der Türkei ist ungewiss. Angesichts der Hoffnung auf eine Rückkehr in die Heimat, der Angst vor Abschiebung und den Herausforderungen der Integration in der Türkei stehen viele Syrerinnen und Syrer vor einer schweren Entscheidung.
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