Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) setzt sich für bundesweit einheitliche Richtlinien zur Nennung der Nationalität von Straftätern ein. Laut einem Bericht der Deutschen Presse-Agentur (dpa) möchte Strobl, dass die Polizei die Staatsangehörigkeit von Tatverdächtigen grundsätzlich öffentlich macht, es sei denn, es gibt triftige Gründe dagegen, wie beispielsweise die Gefährdung von Ermittlungen oder die Beteiligung von Kindern. Diese Forderung brachte er im Vorfeld der Herbstkonferenz der Innenminister in Rheinsberg, Brandenburg, vor.
Strobl kritisiert die uneinheitliche Handhabung in den Bundesländern. Die dpa zitiert ihn mit der Aussage, dass manche Länder die Nationalität grundsätzlich nennen, während andere sie grundsätzlich verschweigen. Diese unterschiedliche Vorgehensweise führe zu Unverständnis in der Bevölkerung und liefere „Hetzer und Extremisten“ Argumente, um Zweifel am Staat zu säen. Strobl will sich auf der Innenministerkonferenz für eine einheitliche Regelung stark machen.
Auch in Baden-Württemberg wird die Nationalität von Tatverdächtigen nicht immer genannt. Die Heilbronner Stimme zitiert eine Verwaltungsvorschrift, nach der die Staatsangehörigkeit erwähnt werden kann, „sofern im Einzelfall ein sachlich begründetes öffentliches Interesse hieran besteht“. Das Innenministerium gibt an, die Nationalität auf Anfrage von Medienvertretern herauszugeben.
Der Pressekodex des Deutschen Presserats sieht die Nennung der Nationalität bei Straftaten nicht generell vor. Gemäß Pressekodex soll die Zugehörigkeit zu ethnischen, religiösen oder anderen Minderheiten nur dann erwähnt werden, wenn ein begründetes öffentliches Interesse besteht, um diskriminierende Verallgemeinerungen zu vermeiden.
Die Diskussion über die Offenlegung der Nationalität von Straftätern wird auch in anderen Bundesländern geführt. In Nordrhein-Westfalen plant Innenminister Herbert Reul (CDU) eine Anweisung an die Polizei, die Nationalität von Verdächtigen und Tätern in Pressemitteilungen und anderen Veröffentlichungen grundsätzlich zu nennen. Das ZDF berichtete darüber im Zusammenhang mit einem moma-Duell, in dem der CDU-Bundestagsabgeordnete Alexander Throm Reuls Position verteidigte und eine bundeseinheitliche Regelung forderte. Der Grünen-Politiker Marcel Emmerich kritisierte den Vorschlag und äußerte Bedenken hinsichtlich möglicher Stigmatisierung.
Die Heilbronner Stimme berichtet über eine neue Regelung in Baden-Württemberg, wonach die Polizei den Migrationshintergrund von Tätern häufiger nennen soll. Die Zeitung berichtet weiter, dass die Umsetzung dieser Regelung bei Polizei und Staatsanwaltschaft in Heilbronn noch unklar sei.
Die Frage, unter welchen Umständen die Nationalität von Straftätern genannt werden darf, ist auch Gegenstand wissenschaftlicher Diskussionen. In einem Artikel der Zeitschrift journalistik.online analysieren Petra Herczeg und Horst Pöttker die Regelungen des Presserats zum Umgang mit Antidiskriminierungsregeln am Beispiel der Migrations- und Flüchtlingsproblematik. Der Artikel beleuchtet die Entstehung und Entwicklung der Richtlinie 12.1 des Pressekodex und diskutiert die Ergebnisse verschiedener Studien zu ihrer Akzeptanz und Wirksamkeit.