17.10.2024
Transparenzprozess gegen Arne Semsrott in Berlin

Der Journalist und Aktivist Arne Semsrott steht derzeit in Berlin vor Gericht. Grund dafür ist die Veröffentlichung von Dokumenten aus einem laufenden Ermittlungsverfahren gegen die Klimaschutzgruppe „Letzte Generation“. Wie die FAZ berichtet, handelt es sich dabei um drei – zum Teil geschwärzte – Entscheidungen des Amtsgerichts München, die im August 2023 auf dem Internetportal „Frag Den Staat“ veröffentlicht wurden und bis heute dort abrufbar sind.

„Ich gebe zu, dass ich die Beschlüsse veröffentlicht habe“, zitiert die dpa den Chefredakteur des Internetportals, das sich für staatliche Transparenz einsetzt, zu Prozessbeginn. Ihm sei dabei bewusst gewesen, dass es den Paragraphen 353d im Strafgesetzbuch (Verbotene Mitteilungen über Gerichtsverhandlungen) gebe. Dieser verbietet die wortgetreue Veröffentlichung von Ermittlungsakten und Gerichtsentscheidungen aus laufenden Ermittlungsverfahren. Das Gesetz sieht eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe vor.

„Dieses Risiko nehme ich in Kauf“, sagte Semsrott am Rande der Verhandlung laut dpa. Die bestehende Gesetzeslage stelle eine Einschränkung der Pressefreiheit dar, die verfassungswidrig sei. In Zeiten von Fake News seien Originalquellen für eine fundierte Diskussion umso wichtiger. Die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) unterstützt den 36-Jährigen in dem Fall.

Semsrott will bis vors Verfassungsgericht

Aufgrund der besonderen Bedeutung der Rechtsfrage im Hinblick auf die Pressefreiheit hat die Berliner Staatsanwaltschaft Anklage beim Landgericht und nicht beim eigentlich zuständigen Amtsgericht erhoben. Der Verteidiger des Journalisten beantragte, das Verfahren vor dem Landgericht Berlin auszusetzen und den Fall dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe vorzulegen. Die bestehende Gesetzeslage verstoße gegen die Presse- und Wissenschaftsfreiheit, so der Anwalt. Die Vorschrift sei nicht mehr zeitgemäß angesichts der Entwicklung der Medienlandschaft.

Bislang haben die Karlsruher Richter jedoch anders entschieden. Der Gedanke hinter der Strafnorm ist, dass Zeugen und Laienrichter vor einem Prozess nicht durch vorläufige Ermittlungsergebnisse beeinflusst werden sollen.

Das Gericht hat zunächst zwei Prozesstage geplant. Ein Urteil könnte demnach an diesem Freitag gesprochen werden, wie der Vorsitzende Richter Bo Meyer laut dpa sagte. Die Staatsanwaltschaft hielt ihr Plädoyer am Mittwoch und forderte eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu 50 Euro. Der Streit wird die Justiz voraussichtlich länger beschäftigen: Sollte das Landgericht den Fall nicht Karlsruhe vorlegen, sondern Semsrott verurteilen, will der Journalist alle Rechtsmittel ausschöpfen und bis vors Verfassungsgericht gehen.

Quelle: dpa/F.A.Z.

Weitere Informationen finden Sie unter: https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/prozess-zu-verbotenen-mitteilungen-ueber-prozesse-110050724.html

- https://www.lto.de/recht/meinung/m/frage-an-fischer-bundesrichter-353d-frag-den-staat - https://www.anwalt.de/rechtstipps/anklage-des-journalisten-arne-semsrott-der-entscheidende-schritt-fuer-mehr-pressefreiheit-224439.html - https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/353d-stgb-zitierverbot-veroeffentlichungsverbot-pressefreiheit-letzte-generation - https://taz.de/Journalist-angeklagt/!6029016/ - https://www.daily-ninja.com/de/article/verlangerung-der-mietpreisbremse-ist-auf-dem-weg-2180822 - https://www.facebook.com/login/?next=https%3A%2F%2Fwww.facebook.com%2Fp%2FHans-Lukas-100073716459178%2F%3Flocale%3Den_GB
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