16.11.2024
Trumps Zweite Amtszeit Zwischen Apathie und Autoritarismus

Nach der Wahl Donald Trumps: Wir erleben eine neue Ära der Apathie

Die Wiederwahl Donald Trumps zum US-Präsidenten im November 2024 hat, anders als sein erster Wahlsieg 2016, keine breite Welle der öffentlichen Empörung und des politischen Aktivismus ausgelöst. Wie Carolin Amlinger in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (F.A.S.) vom 16.11.2024 beschreibt, ist die Stimmung vielmehr geprägt von einem Rückzug ins Private, einem Bedürfnis nach dem überschaubaren Kreis von Familie und Freunden. Waren die Wochen nach der Wahl 2016 von Diskussionen über Trump – am Küchentisch, auf dem Fußballplatz und in den sozialen Medien – dominiert, so herrscht nun vielerorts Schweigen. Die sozialen Medien, einst Schauplatz hitziger Debatten, werden von vielen verlassen.

2016, so Amlinger in der F.A.S., war der Wahlkampf von einer starken Konkurrenz der professionellen Medien durch soziale Netzwerke geprägt. Der Wahlsieg Trumps löste eine vibrierende Proteststimmung aus, die sich in Massenbewegungen wie dem Women’s March im Januar 2017 manifestierte. Millionen von Menschen gingen landesweit auf die Straße, für viele ein prägendes politisches Erlebnis. Der damalige Wahlsieg wurde als Zäsur erlebt, die unmittelbares Handeln erforderte. Obwohl die Protestwellen nicht von Dauer waren, stand die US-Wahl 2016 im Zeichen des demokratischen Aktivismus.

Im Gegensatz dazu, so die F.A.S., sind die Demonstrationen nach der Wahl 2024 kleiner und von einer Schockstarre über Trumps erneuten Sieg geprägt. Anstatt des Aufbruchs von 2016 macht sich nun Apathie breit. Dieses Phänomen beschränkt sich nicht nur auf die USA. Weltweit verzeichnen Rechtspopulisten und Faschisten Wahlerfolge. Die Zivilgesellschaft steckt in einer tiefen Krise, die sich nicht nur im Mitgliederschwund von Parteien und geringer Wahlbeteiligung zeigt. Amlinger spricht in der F.A.S. von einer „Depression der Demokratie“, in der politische Lethargie um sich greift, weil alles politisiert ist.

Die Analyse von Dr. Ella Müller und Hannah Winnick, veröffentlicht auf der Webseite der Heinrich-Böll-Stiftung am 13.11.2024, zeichnet ein düsteres Bild der Zukunft. Sie sehen in Trumps Wiederwahl den Beginn einer Ära des Autoritarismus in den USA und global. Die Republikaner, so die Autorinnen, seien mit ihrer Mehrheit im Senat und möglicherweise auch im Repräsentantenhaus, zusammen mit Trump im Weißen Haus und konservativen Richtern im Supreme Court, in einer starken Position, ihre Agenda umzusetzen. Das „Project 2025“, ein von konservativen Thinktanks ausgearbeiteter Plan zum Umbau des Regierungsapparats, könne dabei eine wichtige Rolle spielen. Müller und Winnick warnen vor einem möglichen Abbau von Bürgerrechten, staatlicher Kontrolle über private Lebensbereiche und einer Aushöhlung der Gewaltenteilung.

Der WDR berichtet am 06.11.2024 ebenfalls über das "Project 2025" und dessen mögliche Auswirkungen auf Trumps zweite Amtszeit. Der Sender betont, dass Trump im Vergleich zu 2016 nun auch die Mehrheit der Wählerstimmen erhalten hat und die Republikaner die Mehrheit im Senat erlangt haben. Dies verschafft ihm, zusammen mit einflussreichen Unterstützern wie Elon Musk, eine deutlich stärkere Machtbasis. Der WDR zitiert Kritiker, die in "Project 2025" eine Gefahr für die Demokratie sehen.

Sebastian Moll analysiert im HORIZONT am 11.11.2024 die Rolle der Medien im Wahlkampf und fragt, ob die Wiederwahl Trumps eine Kapitulation seriöser Medien bedeutet. Er konstatiert, dass seriöser Journalismus dem massiven Desinformations-Bombardement nicht entgegenwirken konnte.

Die Tagesschau analysiert am 11.11.2024, was in Trumps zweiter Amtszeit anders ist. Julia Kastein, ARD-Korrespondentin in Washington, erläutert, dass Trump nun mehr Erfahrung hat und durch die Mehrheiten im Kongress besser gerüstet ist, seine Agenda umzusetzen. Sie zitiert Experten, die befürchten, dass Trump seine Macht nutzen könnte, um gegen politische Gegner vorzugehen. Gleichzeitig verweist sie auf die "Checks and Balances" des amerikanischen Systems, die Trump auch in seiner zweiten Amtszeit begrenzen könnten.

Die Frankfurter Rundschau listet am 15.11.2024 sieben Dinge auf, an denen wir Trumps Sieg in Deutschland spüren werden. Dazu gehören mögliche Auswirkungen auf die Preise von Elektronikprodukten, die deutsche Autoindustrie, den Klimawandel, die Verbreitung von Fake News, die Finanzmärkte und den Tourismus.

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