20.1.2025
Ulmer Reichsadler: Ermittlungen eingestellt, Kunstwettbewerb geht weiter

Ermittlungen zu Schäden am Reichsadler am Ulmer Finanzamt eingestellt

Die Staatsanwaltschaft Ulm hat die Ermittlungen wegen des Verdachts der Sachbeschädigung am Reichsadler des Finanzamts Ulm eingestellt. Wie die Behörde mitteilte, geht man davon aus, dass es sich bei den im November und Dezember 2024 entdeckten Schäden um witterungsbedingte Abplatzungen handelt.

Der Landesbetrieb Vermögen und Bau Baden-Württemberg als Eigentümer des Gebäudes hatte bereits zuvor die Abplatzungen an beiden Flügeln des NS-Überbleibsels als alters- und witterungsbedingte Schäden eingestuft. Wie die Süddeutsche Zeitung berichtete, bestätigte ein Restaurator diese Einschätzung.

Nach Angaben des Finanzministeriums gibt es in Baden-Württemberg nur noch zwei Reichsadler als Hinterlassenschaft des Nationalsozialismus an öffentlichen Gebäuden. Neben dem Exemplar am Ulmer Finanzamt befindet sich ein weiterer in der Stadthalle von Maulbronn im Enzkreis.

Kunstwettbewerb zur Neugestaltung läuft weiter

Trotz der Schäden wird der bereits laufende Kunstwettbewerb zur Neugestaltung des Reichsadlers fortgesetzt. Wie Diana Marquardt, stellvertretende Ulmer Amtsleiterin des Landesbetriebs Vermögen und Bau, gegenüber der Zeit erklärte, soll der "Substanzverlust Teil der künstlerischen Auseinandersetzung sein".

Sechs ausgewählte Künstler haben bis Ende April Zeit, ihre Entwürfe einzureichen. Das Honorar pro Entwurf beträgt 1.000 Euro. Für die Umsetzung des Siegerentwurfs ist ein Budget von 15.000 Euro vorgesehen. Die Entscheidung über den Gewinner soll im Sommer 2025 fallen.

Der ehemalige Amtsleiter Tilmann Häcker betonte im vergangenen Jahr die Bedeutung des Wettbewerbs: "Die künstlerische Befassung und Auseinandersetzung ist auch ein gesellschaftlicher Beitrag, der an dieser Stelle der Historie Rechnung tragen soll." Zur Einordnung ist zudem eine Erklärtafel geplant.

Vorgeschichte des Reichsadlers

Der Reichsadler am Ulmer Finanzamt war bereits in der Vergangenheit Ziel von Aktionen. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtet, wurde er vor Jahren mit roter Farbe beworfen. Diese wurde bewusst nicht entfernt, da man es laut Häcker "auch als Statement der Gesellschaft" sehe. Die Täter konnten damals nicht ermittelt werden.

Die aktuelle künstlerische Neugestaltung geht auf eine Initiative des Ulmer SPD-Landtagsabgeordneten Martin Rivoir zurück. Ziel sei es, wie der Landtag Baden-Württemberg mitteilte, "mit einer künstlerischen Intervention eine Uminterpretation des Reichsadlers zu schaffen" - weg von der "Verherrlichung" hin zu einem "Mahnmal für den Frieden" und einem "Nachdenkort über Frieden und Krieg und diese ganzen Herrschaftssymbole".

Mit der Einstellung der Ermittlungen und der Fortführung des Kunstwettbewerbs scheint nun der Weg frei für eine neue Auseinandersetzung mit diesem historisch belasteten Symbol.

Quellen: https://www.sueddeutsche.de/bayern/zeitgeschehen-ermittlungen-nach-schaeden-an-ulmer-reichsadler-eingestellt-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-250120-930-349526 https://www.zeit.de/news/2025-01/14/schaeden-an-ulmer-reichsadler-werden-teil-von-kunstwettbewerb https://www.landtag-bw.de/de/aktuelles/dpa-nachrichten/reichsadler-am-finanzamt-ulm-beschaedigt-wohl-abplatzungen-505026 https://www.faz.net/agenturmeldungen/dpa/schaeden-an-ulmer-reichsadler-werden-teil-von-kunstwettbewerb-110229477.html
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