19.10.2024
Ungarns Drohung: Gratis-Migration nach Brüssel als Antwort auf EU-Sanktionen

Konflikt über Zwangsgeld: Ungarn droht, Migranten gratis nach Brüssel zu bringen

Der ungarische Minister Gergely Gulyás hat in einer aktuellen Pressekonferenz eine drastische Drohung gegenüber der Europäischen Union ausgesprochen. Er erklärte, dass Ungarn bereit sei, Flüchtlinge und Migranten nach Brüssel zu bringen, falls die EU diese weiterhin anfordere. „Wenn Brüssel Migranten will, wird es sie bekommen. Wir werden ihnen One-Way-Tickets ausstellen“, so Gulyás. Diese Äußerung ist eine direkte Reaktion auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), das Ungarn dazu verurteilt hat, eine Strafe von 200 Millionen Euro sowie ein tägliches Zwangsgeld von einer Million Euro zu zahlen, solange es den Anforderungen des EuGH nicht nachkommt.

Das Urteil des EuGH, das im Juni 2024 erging, besagt, dass Ungarn gegen frühere höchstrichterliche Entscheidungen zum Asylsystem verstoßen hat. Gulyás bezeichnete die Situation, die durch dieses Urteil entstanden ist, als „inakzeptabel, intolerabel und würdelos“. Er betonte, dass Ungarn nicht bereit sei, „endlos“ die hohen Strafen zu zahlen und dass das Land hoffe, die Situation durch Verhandlungen mit der EU-Kommission klären zu können. Sollte dies nicht gelingen, plant Ungarn, Migranten an der Grenze die Möglichkeit anzubieten, kostenlos nach Brüssel zu reisen.

Der Hintergrund dieser Auseinandersetzung ist die anhaltende Kritik an der ungarischen Asylpolitik, die seit Jahren als restriktiv und nicht mit den EU-Vorgaben konform angesehen wird. Bereits im Dezember 2020 hatte der EuGH entschieden, dass verschiedene ungarische Regelungen zum Asylrecht gegen EU-Recht verstoßen. Insbesondere ging es um die sogenannten Transitzonen an der Grenze zu Serbien, in denen Asylbewerber bis zur Entscheidung über ihren Antrag festgehalten wurden. Diese Regelungen wurden als unzulässige Beschränkung des Zugangs zu Asylverfahren angesehen.

Das Gericht in Luxemburg stellte fest, dass Antragsteller in diesen Transitzonen rechtswidrig in Haft genommen wurden und ihnen das Recht verwehrt wurde, bis zu einer endgültigen Entscheidung auf ungarischem Hoheitsgebiet zu bleiben. Die ungarische Regierung hat in der Vergangenheit immer wieder betont, dass sie sich an die EU-Vorgaben halten möchte, jedoch gleichzeitig Maßnahmen ergriffen, die den Zugang zu Asylverfahren erheblich einschränken.

Gulyás äußerte die Hoffnung, dass Ungarn die EU dazu bringen kann, sich an den Kosten zu beteiligen, die durch den Schutz der ungarischen Grenzen gegen irreguläre Migranten entstehen. Dies ist ein weiterer Punkt, der die Spannungen zwischen Ungarn und der EU verstärkt hat. Die ungarische Regierung sieht sich in der Rolle des Opfers einer übermäßigen Belastung durch die EU, während die EU-Kommission die ungarische Regierung beschuldigt, die gemeinsamen europäischen Werte und Regeln zu missachten.

Die Drohung, Migranten nach Brüssel zu bringen, könnte als eine Art politisches Manöver interpretiert werden, um Druck auf die EU auszuüben und die ungarische Position in den Verhandlungen zu stärken. Es bleibt abzuwarten, wie die EU auf diese Drohung reagieren wird und ob es zu weiteren rechtlichen Schritten gegen Ungarn kommen wird.

In den letzten Jahren hat Ungarn unter der Führung von Ministerpräsident Viktor Orbán eine zunehmend harte Linie in der Migrationspolitik verfolgt. Diese Politik hat nicht nur zu Spannungen mit der EU geführt, sondern auch zu einer Verschärfung der internen politischen Debatten innerhalb Ungarns. Kritiker der Regierung werfen Orbán vor, die Rechte von Migranten und Flüchtlingen systematisch zu verletzen und die ungarische Gesellschaft in eine zunehmend nationalistische Richtung zu lenken.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Konflikt zwischen Ungarn und der EU über die Asylpolitik und die damit verbundenen finanziellen Strafen weiterhin ein zentrales Thema in der europäischen Politik darstellt. Die ungarische Regierung steht unter Druck, sowohl von innen als auch von außen, und es bleibt abzuwarten, wie sich die Situation in den kommenden Monaten entwickeln wird.

Quellen: FAZ, DW, Süddeutsche Zeitung

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