19.10.2024
Hanau Vier Jahre danach Aufarbeitung unzureichend und Opfer ungehört
Vier Jahre nach dem rassistischen Anschlag von Hanau, bei dem am 19. Februar 2020 neun Menschen mit Migrationshintergrund von einem 43-jährigen Deutschen erschossen wurden, erhebt die Antidiskriminierungsbeauftragte des Bundes, Ferda Ataman, schwere Vorwürfe gegenüber dem deutschen Staat und den Behörden. Sie kritisiert, dass die notwendigen Konsequenzen aus dem Anschlag nicht gezogen wurden und spricht von einem Versagen im Umgang mit Hinterbliebenen und Betroffenen. Ataman bemängelt, dass es bis heute keine offizielle Entschuldigung des hessischen Innenministers für dokumentierte Fehler der Polizei gibt. Diese betreffen unter anderem die Erreichbarkeit des Notrufs und die Verschlussverhältnisse am Notausgang am Tatort. Zudem fehlt es an einem offiziellen Mahnmal für die Opfer auf dem zentralen Marktplatz von Hanau. Weiterhin werden Angehörige der Opfer Ataman zufolge vom Vater des Täters drangsaliert. Ein weiterer Kritikpunkt Atamans ist die Verzögerung des Demokratiefördergesetzes, das als wichtiges Instrument zur Extremismusprävention angesehen wird. Die Bundesbeauftragte wirft der FDP-Bundestagsfraktion vor, das Gesetz zu blockieren und als linkes Ideologieprojekt zu diffamieren. Sie betont, dass dies ein beschämendes Signal an die Menschen sei, die sich in Deutschland gegen Extremismus engagieren. Ataman warnt zudem vor den Gefahren, die entstehen, wenn Menschen mit Migrationshintergrund in politischen Debatten zu Sündenböcken gemacht werden. Sie betont, dass man kritische Debatten führen könne, ohne dabei bestimmte Gruppen zu stigmatisieren. Ihrer Meinung nach gehört Migration und Vielfalt zu Deutschland und sollte als solche anerkannt werden. Am Jahrestag des Anschlags von Hanau erinnerten tausende Menschen bei Demonstrationen und Gedenkveranstaltungen an die Opfer. Sie setzten ein Zeichen der Solidarität und forderten politische Konsequenzen. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) äußerte sich ebenfalls und forderte, dass alle demokratischen Kräfte die Bedrohung durch Rechtsextremismus ernst nehmen müssten. Die Aufarbeitung des Anschlags von Hanau gilt offiziell als abgeschlossen, doch für viele Angehörige und Betroffene bleiben Fragen offen. Ein Untersuchungsausschuss stellte fest, dass staatliche Behörden vor und nach der Tat Fehler gemacht haben, die zur Tragödie beigetragen haben könnten. Insbesondere im Hinblick auf die Erteilung der Waffenbesitzkarte und den Umgang mit den Angehörigen der Opfer wurden Versäumnisse aufgezeigt. Die Aussagen Atamans und die Forderungen nach Konsequenzen und einer angemessenen Gedenkkultur verdeutlichen die anhaltende gesellschaftliche Auseinandersetzung mit dem Anschlag von Hanau und seinen Folgen. Sie werfen ein Schlaglicht auf die Notwendigkeit, Rassismus und Rechtsextremismus entschieden entgegenzutreten und die Präventionsarbeit zu stärken.
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