Der einst private und familiäre Rückzugsort Küche gerät zunehmend ins Zentrum politischer Debatten. Wie Timo Frasch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) vom 6. Dezember 2024 schrieb, ist die Küche „der politische Raum der Stunde“. Dies manifestiert sich nicht nur in der traditionellen Weihnachtsbäckerei, sondern auch in Wahlkampfstrategien, die gezielt die Privatsphäre der Bürger ins Visier nehmen. So berichtet die FAZ, dass Robert Habeck im Wahlkampf durch Küchenbesuche die Nähe zu den Wählern suchte.
Die Vermischung von Politik und Privatsphäre ist jedoch umstritten. Die vermeintliche Unberührtheit des häuslichen Bereichs wird durch die politische Instrumentalisierung infrage gestellt. Der Besuch von Politikern in der privaten Umgebung kann als Grenzüberschreitung wahrgenommen werden.
Die zunehmende Politisierung des Alltags zeigt sich auch in anderen Bereichen. Am 16. Februar 2024 berichtete das ZDF über Fälle, in denen Lieferdienste wie Lieferando für die Verbreitung von Hassbotschaften missbraucht wurden. Über das Bestellnotizfeld wurden rechtsextreme Parolen an Moscheen gesendet. Wie der Deutschlandfunk am selben Tag berichtete, ermittelt die Polizei Nordrhein-Westfalen in hunderten solcher Fälle. Lieferando verurteilte diese Taten als „perfid“ und „vollkommen inakzeptabel“ und unterstützt die polizeilichen Ermittlungen. Dieser Vorfall verdeutlicht, wie politische Konflikte in vermeintlich unpolitische Bereiche eindringen und diese für ihre Zwecke instrumentalisieren.
Auch das im November 2023 im Frankfurter Allgemeine Buch Verlag erschienene Buch "Fraktur: Politik mit Wumms" von Berthold Kohler, Herausgeber der FAZ, thematisiert die Politisierung des Alltags und die oft skurrilen Auswüchse des politischen Betriebs. Kohler kommentiert in seinen satirischen Glossen das politische Geschehen in Deutschland.
Die zunehmende Verschmelzung von Politik und Privatleben wirft Fragen nach den Grenzen der politischen Auseinandersetzung auf. Wo endet der öffentliche und wo beginnt der private Raum? Wie können Missbrauchsfälle, wie die Instrumentalisierung von Lieferdiensten für Hassbotschaften, verhindert werden? Diese Fragen erfordern eine gesellschaftliche Diskussion.
Quellen: