19.10.2024
Wahlkampf auf TikTok: Demokratische Parteien unter Druck

Wahlkampf auf TikTok: Der AfD nicht das Feld überlassen

In den letzten Jahren hat die Nutzung sozialer Medien, insbesondere TikTok, einen signifikanten Einfluss auf den Wahlkampf in Deutschland gewonnen. Die Bildungsstätte Anne Frank hat in einem aktuellen Bericht die Strategien der Parteien auf dieser Plattform analysiert und festgestellt, dass die Alternative für Deutschland (AfD) in diesem Bereich eine dominierende Rolle spielt. Dies geschieht insbesondere im Hinblick auf die bevorstehenden Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen, wo die AfD gezielt junge Wähler anspricht.

Die Warnung vor der Dominanz der AfD

Deborah Schnabel, die Direktorin der Bildungsstätte Anne Frank, äußerte sich besorgt über die Tatsache, dass die AfD die „populärste Social-Media-Plattform für die junge Generation“ dominiert. Ihrer Meinung nach ist es fahrlässig und gefährlich, dass die demokratischen Parteien der AfD diesen Raum überlassen. Die Studie mit dem Titel „Das TikTok-Universum der (extremen) Rechten“ hebt hervor, wie die AfD ihre Inhalte strategisch aufbereitet, um vor allem jüngere Erstwähler anzusprechen.

Strategien der AfD auf TikTok

Die Analyse zeigt, dass Björn Höcke, der Spitzenkandidat der AfD in Thüringen, sich auf TikTok als staatsmännischer Hoffnungsträger inszeniert. Er nutzt eine Ästhetik, die auf der Plattform gut ankommt, und erreicht mit seinen Videos teilweise über eine Million Aufrufe. Im Vergleich dazu haben andere Parteien, wie die SPD und die CDU, Schwierigkeiten, ähnliche Reichweiten zu erzielen. Der Ministerpräsident von Thüringen, Bodo Ramelow, erreichte mit seinem erfolgreichsten Video nur etwa 13.000 Nutzer, während die Spitzenkandidaten anderer Parteien gar keine TikTok-Accounts besitzen.

In Sachsen ist die Situation ähnlich. Ministerpräsident Kretschmer hat lediglich einen privaten TikTok-Account mit 517 Followern. Die anderen Parteien scheinen TikTok entweder zu ignorieren oder setzen auf unattraktive Inhalte, die nicht mit den Erwartungen der Nutzer übereinstimmen. Schnabel weist darauf hin, dass TikTok zunehmend als Suchmaschine genutzt wird, was bedeutet, dass AfD-Videos bei der Eingabe politischer Begriffe dominieren.

Die Rolle der Jugendorganisation „Junge Alternative“

Ein weiterer Aspekt der AfD-Strategie ist die aktive Rolle ihrer Jugendorganisation, der „Jungen Alternative“. Diese produziert eigene Inhalte und verbreitet diese über ein Netzwerk von Privataccounts, was zu einer massiven Verbreitung von AfD-Inhalten auf TikTok führt. Eva Berendsen, Leiterin des Bereichs politische Bildung bei der Bildungsstätte, bezeichnet dies als ein „Spam-Netzwerk“, das die Reichweite der AfD erheblich steigert.

Die Notwendigkeit eines Gegenwindes

Angesichts der dominierenden Präsenz der AfD auf TikTok fordern Experten und Politiker die anderen Parteien auf, die Plattform ernst zu nehmen und attraktive Inhalte für junge Wähler zu entwickeln. Schnabel betont, dass es entscheidend sei, nicht erst kurz vor der Bundestagswahl aktiv zu werden, sondern bereits jetzt ein starkes und ansprechendes Angebot zu schaffen.

Die Reaktion der anderen Parteien

In Reaktion auf die wachsende Bedeutung von TikTok haben einige Politiker begonnen, eigene Accounts zu erstellen und aktiv Inhalte zu posten. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat betont, dass die Bundesregierung auf TikTok präsent sein sollte, um ein Gegengewicht zur AfD zu bilden. Auch andere Parteien, wie die Grünen und die SPD, versuchen, ihre Inhalte an die Plattform anzupassen, um junge Wähler zu erreichen.

Die Herausforderung besteht darin, dass viele Politiker und deren Social-Media-Teams oft nicht über das notwendige Wissen verfügen, um auf TikTok erfolgreich zu sein. Es ist wichtig, die spezifischen Anforderungen und den Ton der Plattform zu verstehen, um die Zielgruppe effektiv anzusprechen.

Fazit

Der Wahlkampf auf TikTok zeigt, wie wichtig es ist, die sozialen Medien als Plattform für politische Kommunikation zu nutzen. Die AfD hat in diesem Bereich einen klaren Vorteil, den die anderen Parteien nicht ignorieren können. Um die politische Landschaft ausgewogen zu halten und den Einfluss extremistischer Inhalte zu verringern, ist es entscheidend, dass die demokratischen Parteien aktiv werden und ihre Strategien anpassen. Nur so kann verhindert werden, dass TikTok zu einem Monopol der AfD wird und junge Wähler ausschließlich mit deren Inhalten konfrontiert werden.

Die bevorstehenden Wahlen in Sachsen und Thüringen werden zeigen, ob die anderen Parteien in der Lage sind, auf die Herausforderungen der digitalen Kommunikation zu reagieren und die junge Wählerschaft erfolgreich anzusprechen.

Quellen: F.A.Z., ZDFheute, LVZ

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