28.11.2024
Wehrpflichtkonflikt in Israel Verschärfung durch HamasAngriff und gesellschaftliche Spannungen

Der Konflikt um die Wehrpflicht ultraorthodoxer Juden in Israel hat sich durch den Hamas-Angriff im Oktober 2024 weiter verschärft. Die israelische Armee zieht laut Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung (F.A.S.) aufgrund des anhaltenden Krieges und des Personalbedarfs verstärkt strengreligiöse Männer ein. Dies stellt die Betroffenen vor große Herausforderungen, da sie mit starkem Widerstand aus ihren Gemeinden konfrontiert werden. Der 19-jährige Rekrut Yahiel Weiss berichtet der F.A.S. von seinen zwiespältigen Gefühlen: Stolz auf den Dienst für sein Land steht dem Druck seiner Familie gegenüber. Er betont die Notwendigkeit, die Verantwortung für die Landesverteidigung zu teilen, während seine „Brüder“ an der Front kämpfen.

Die Wehrpflicht für Ultraorthodoxe, auch Haredim genannt, ist ein seit langem bestehender Streitpunkt in Israel. Wie die Deutsche Welle (DW) bereits am 12. März 2014 berichtete, waren strengreligiöse Männer, die sich dem Thora-Studium widmen, seit der Staatsgründung vom Militärdienst befreit. Israelnetz meldete am 26. Juni 2024 ein historisches Urteil des Obersten Gerichtshofs, das diese Befreiung für ungültig erklärt und die Einberufung von Ultraorthodoxen anordnet. Die Reaktionen fielen heftig aus. Ultraorthodoxe Medien sprechen von einem „Krieg“ gegen ihre Lebensweise, und Rabbiner Dov Landau, Dekan der Talmudschule Slabodka, wirft den Behörden und Gerichten Hass gegen Thora-Studenten vor.

Die Ultraorthodoxen begründen ihre Ablehnung des Militärdienstes mit religiösen Argumenten. Sie sehen ihre Aufgabe, wie Rabbi Avraham Broide in der ZEIT (Nr. 29/2024) erläutert, im Erhalt Israels durch die Befolgung der Thora und das Studium der heiligen Schriften. Der Militärdienst sei mit ihrer strengen Religiosität unvereinbar. Laut Vatican News vom 27. Juni 2024 argumentiert auch Rabbiner Mosche Maya, Wehrdienst verstoße gegen religiöse Gebote und Gebet und Thora-Studium seien ein wichtigerer Beitrag zur Kriegsführung. Die Tagesschau berichtete am 1. Juli 2024 über Proteste ultraorthodoxer Juden gegen das Gerichtsurteil, die zu gewaltsamen Zusammenstößen mit der Polizei führten. Die Proteste zeigen die tiefe Spaltung der israelischen Gesellschaft und stellen die Regierungskoalition vor eine schwere Prüfung.

Die NZZ am Sonntag beleuchtete am 20. Februar 2021 die Herausforderungen der ultraorthodoxen Gemeinschaft in Israel. Neben der Wehrpflicht setzen auch die Pandemie und das Internet die Haredim unter Druck. Der Ausstieg aus der Gemeinschaft ist ein langwieriger Prozess, wie das Beispiel von Shay Helman zeigt, der seinen Namen änderte und nun in einem Hightech-Unternehmen arbeitet.

Quellen:

  • Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung: Wehrpflicht für orthodoxe Juden: Sie fürchten den Zorn Gottes (28.11.2024)
  • Israelnetz: Oberster Gerichtshof: Keine Ausnahme bei Wehrpflicht für Ultra-Orthodoxe (26.06.2024)
  • NZZ am Sonntag: Warum gerade jetzt viele Juden in Israel die ultraorthodoxe Gemeinschaft verlassen (20.02.2021)
  • Die Zeit: Wehrdienst für Ultraorthodoxe: "Gott spricht zu uns" (Nr. 29/2024)
  • Tagesschau: Ultraorthodoxe Juden protestieren gegen Wehrdienst (01.07.2024)
  • Vatican News: Israel: Wehrpflicht für Ultraorthodoxe und Proteste (27.06.2024)
  • Deutsche Welle: Streit um Wehrpflicht - Gesetz für Ultraorthodoxe in Israel (12.03.2014)
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