19.10.2024
Die Wiederbelebung der Jazzwerkstatt Peitz als Zentrum kreativer Freiheit
Der Neustart der Jazzwerkstatt Peitz

Der Neustart der „Jazzwerkstatt Peitz“ huldigt einem alten Freiheitsversprechen

Die Jazzwerkstatt Peitz, die in der DDR als „Woodstock am Karpfenteich“ bekannt war, erlebt unter der Leitung von Marie Blobel eine bemerkenswerte Wiederbelebung. Diese Veranstaltung, die einst ein Fenster in die Freiheit darstellte, zieht heute wieder zahlreiche Musikliebhaber an, die sich von der improvisierten Musik und der kreativen Freiheit inspirieren lassen.

Geschichte und Bedeutung der Jazzwerkstatt Peitz

Gegründet im Jahr 1973 von Uli Blobel und Jimi Metag in der malerischen Landschaft der Niederlausitz, entwickelte sich die Jazzwerkstatt Peitz schnell zu einem kulturellen Zentrum für junge Menschen, die den Repressalien des Alltags entfliehen wollten. Der Drummer Günter ‚Baby‘ Sommer beschreibt Peitz als einen Ort, an dem die Menschen durch die Musik und den kreativen Ausdruck ein Gefühl von Freiheit erlebten, das im Widerspruch zu den strengen Vorschriften des SED-Staates stand.

Das Festival verstand sich von Anfang an als ein „Live-Labor“ für freie Spiel- und Lebensformen. Es bot eine Plattform für Free Jazz, der als Ausdruck von improvisiertem Widerstand gegen die gesellschaftlichen Normen der damaligen Zeit diente. Nach einem Verbot im Jahr 1982 konnte die Reihe erst 2011 mit neuem Elan fortgesetzt werden. Trotz der veränderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen bleibt die Jazzwerkstatt Peitz ihrer ursprünglichen Maxime treu: radikale Improvisationsmusik als eine Art Anti-Depressivum in einer zunehmend reglementierten Welt.

Die 61. Jazzwerkstatt Peitz: Ein Fest der Improvisation

Die 61. Jazzwerkstatt Peitz, die kürzlich stattfand, bot mit ihren 18 Acts eine vielversprechende Mischung aus verschiedenen musikalischen Einflüssen. Die Veranstaltung fand im Innenhof des ehemaligen Hüttenwerks statt, direkt an den berühmten Karpfenteichen, und der Geist der Hippie-Ära war während der drei Abende spürbar. Marie Blobel, die die Festivalleitung von ihrem Vater übernommen hat, zeigte mit ihrer klugen Programmgestaltung, wie vielfältig und aufregend die Welt der Improvisation ist.

Vielfalt der Künstler und Stile

Ein herausragendes Beispiel für die Vielfalt der Darbietungen war das Quartett ØKSE, das unter der Leitung der dänischen Saxophonistin Mette Rasmussen arbeitet. Mit einer Mischung aus Samplern, Turntables und elektronischen Klängen demonstrierte die Band, wie Ethno-Punk-Jazz heute klingen kann. Insbesondere die Sound-Chemikerin Val Jeanty trat als das kreative Zentrum der Gruppe hervor, indem sie elektronische Geräusche mit den kraftvollen Ausbrüchen des Altsaxophons verband.

Ein weiterer bemerkenswerter Auftritt kam von dem New Yorker Trompeter Peter Evans, der mit seinem Quartett „Being & Becoming“ die Grenzen des Free-Bop-Jazz auslotete. Zusammen mit dem Vibraphonisten Joel Ross erzeugte er einen unwiderstehlichen Groove, der die Möglichkeiten seines Instruments auf eindrucksvolle Weise demonstrierte.

Innovative Projekte und neue Perspektiven

Ein weiteres innovatives Projekt war „Remapping the Piano“ von Stefan Schultze, das sich mit der Zukunft des Klaviers auseinandersetzte. Schultze kombinierte klassische Klaviertechniken mit komplexen, programmierten Klavierstrukturen, um eine neue Dimension des musikalischen Erlebens zu schaffen. Diese Verschmelzung von Tradition und Innovation zeigt, wie die Jazzwerkstatt Peitz auch weiterhin als Plattform für kreative Experimente dient.

Ein Blick in die Zukunft

Die Jazzwerkstatt Peitz hat sich nicht nur als ein Ort der musikalischen Freiheit etabliert, sondern auch als ein Raum, in dem neue Talente und Ideen gefördert werden. Die Veranstaltung bietet eine Bühne für lange unterrepräsentierte Musikerinnen und trägt dazu bei, das Bild des Jazz in der heutigen Zeit zu erweitern. Die Vielfalt der Künstler und Stile, die in Peitz präsentiert werden, zeugt von der lebendigen und dynamischen Natur der Jazzszene.

Fazit

Der Neustart der Jazzwerkstatt Peitz ist nicht nur eine Hommage an die Vergangenheit, sondern auch ein vielversprechendes Zeichen für die Zukunft der improvisierten Musik. Die Veranstaltung bleibt ein wichtiger Ort für den kreativen Austausch und die Entfaltung musikalischer Ideen. Inmitten eines zunehmend reglementierten Alltags bietet die Jazzwerkstatt Peitz einen Raum für Freiheit und kreative Entfaltung, der sowohl Künstler als auch Publikum inspiriert.

Die Jazzwerkstatt Peitz wird weiterhin als ein Ort der Begegnung und des künstlerischen Ausdrucks fungieren, während sie gleichzeitig die Wurzeln ihrer Geschichte ehrt. Die Verbindung von Tradition und Innovation, die in jeder Darbietung spürbar ist, macht die Jazzwerkstatt zu einem einzigartigen Erlebnis für alle, die die Freiheit der Musik schätzen.

Quellen:

FAZ.NET, Peter Kemper, „Neustart der Jazzwerkstatt Peitz“

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