11.11.2024
Wolhynien Massaker Belasten Polnisch Ukrainische Beziehungen

Ukraine und Polen: Die Wunden der Geschichte sind nicht verheilt

Die Beziehungen zwischen Polen und der Ukraine sind komplex und historisch belastet. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) am 11.11.2024 berichtete, gibt es immer wieder neue Spannungen, die auf ungelöste Konflikte aus der Vergangenheit zurückzuführen sind. Ein zentraler Streitpunkt sind die Massaker an der polnischen Bevölkerung in Wolhynien und Ostgalizien während des Zweiten Weltkriegs.

Im Zentrum des Konflikts stehen die Ereignisse von 1943 bis 1945, als ukrainische Nationalisten, angehörige der Ukrainischen Aufständischen Armee (UPA), Massaker an der polnischen Zivilbevölkerung verübten. Schätzungen zufolge wurden dabei bis zu 100.000 Polen getötet. Die polnische Seite betrachtet diese Ereignisse als Völkermord. Die Ukraine hingegen sieht die Geschehnisse im Kontext eines komplexen Konflikts, in dem auch Polen Vergeltungsaktionen gegen Ukrainer durchführte. Diese unterschiedliche historische Bewertung belastet die Beziehungen der beiden Länder bis heute.

Ein besonders sensibles Thema ist die Exhumierung der Opfer der Massaker. Polen fordert seit Jahren das Recht, die sterblichen Überreste der polnischen Opfer auf ukrainischem Gebiet zu exhumieren und würdevoll zu bestatten. Die Ukraine hingegen blockiert diese Bemühungen, wie die FAZ berichtet, und verknüpft sie mit Forderungen nach dem Wiederaufbau eines Denkmals für die UPA in Polen. Dieses Denkmal wurde 2017 von den polnischen Behörden entfernt, da es als Symbol für die Täter der Massaker angesehen wurde.

Die unterschiedlichen Positionen zum Umgang mit der Vergangenheit spiegeln sich auch in aktuellen politischen Auseinandersetzungen wider. So kritisierte der stellvertretende polnische Ministerpräsident Krzysztof Gawkowski laut FAZ die Forderungen des ukrainischen Präsidenten Selenskyj nach stärkerer militärischer Unterstützung durch Polen. Gawkowski warf Selenskyj vor, Polen in den Krieg mit Russland hineinziehen zu wollen. Auch der polnische Außenminister Radosław Sikorski äußerte sich kritisch über Selenskyjs Forderungen und betonte, Polen habe bereits mehr für die Ukraine getan als jede andere Nation.

Die historische Aufarbeitung der Wolhynien-Massaker ist auch für den EU-Beitritt der Ukraine relevant. Wie die FAZ berichtet, verknüpft die polnische Regierung die Unterstützung des ukrainischen EU-Beitritts mit der Bereitschaft der Ukraine, die Massaker aufzuarbeiten und die Exhumierung der Opfer zu ermöglichen. Der polnische Außenminister Sikorski betonte, die EU-Fähigkeit der Ukraine hänge auch von der Achtung der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit ab. Diese Aussage verdeutlicht, dass die ungelösten historischen Konflikte auch Auswirkungen auf die politische Zukunft der Ukraine haben können.

Die Wunden der Geschichte sind tief und die unterschiedlichen Interpretationen der Vergangenheit erschweren eine Annäherung zwischen Polen und der Ukraine. Trotz gemeinsamer Gedenkveranstaltungen und vereinzelter Versöhnungsappelle, wie sie beispielsweise vaticannews.va am 11. Juli 2023 berichtete, bleiben die Gräben zwischen den beiden Ländern bestehen. Der Krieg in der Ukraine hat die Spannungen zusätzlich verschärft und die historische Aufarbeitung der Konflikte zu einer noch größeren Herausforderung gemacht.

Quellen:

  • https://www.faz.net/aktuell/politik/ukraine/ukraine-und-polen-neuer-streit-ueber-massaker-im-zweiten-weltkrieg-110102407.html
  • https://www.vaticannews.va/de/welt/news/2023-07/grosserzbischof-schewtschuk-ukraine-polen-aussoehnung-krieg.html
  • https://www.volksbund.de/nachrichten/wunden-sind-noch-nicht-verheilt
  • https://civilek.info/de/2024/08/30/das-torten-element-spaltete-auch-die-polen-sie-verbannten-kuleb-mit-ukrainern-aus-polen/
  • https://www.europa-uni.de/de/universitaet/kommunikation/medienservice/viadrina-logbuch/wissenschaft/20230630-ackermann-bagger/Galerie/index.html
  • https://www.nzz.ch/feuilleton/drohobitsch-das-drama-der-ukraine-in-einer-einzigen-stadt-ld.1694099
  • https://www.lpb-bw.de/ukraine-geschichte
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