Die Meyer Werft, ein traditionsreicher Schiffbauer in Papenburg, steht vor einer kritischen Phase in ihrer über 200-jährigen Geschichte. Die für ihre Kreuzfahrtschiffe bekannte Werft kämpft um ihre Existenz, und es scheinen sich nun Anzeichen einer möglichen Rettung abzuzeichnen. Bundeskanzler Olaf Scholz hat angekündigt, am Donnerstag eine Betriebsversammlung zu besuchen, um mit den Beschäftigten zu sprechen. Dies könnte ein entscheidender Schritt in den Verhandlungen um die Zukunft des Unternehmens sein.
Die finanzielle Schieflage der Meyer Werft ist vor allem auf die Auswirkungen der Corona-Pandemie zurückzuführen. Viele der bestehenden Verträge für Kreuzfahrtschiffe wurden vor der Pandemie abgeschlossen, ohne Anpassungen an die seitdem stark gestiegenen Energie- und Rohstoffpreise. In der Schiffbauindustrie wird ein Großteil des Kaufpreises – etwa 80 Prozent – erst bei der Ablieferung des Schiffs gezahlt. Dies zwingt die Werft, den Bau durch Kredite zwischenzufinanzieren. Aufgrund des zusammengebrochenen weltweiten Tourismusmarkts während der Pandemie geriet das Unternehmen jedoch in die roten Zahlen, was zu einer zurückhaltenden Kreditvergabe durch Banken führte.
Im Rahmen der aktuellen Verhandlungen wird über eine mögliche Beteiligung von Bund und Land Niedersachsen an der Meyer Werft diskutiert. Diese Beteiligung könnte eine Erhöhung des Eigenkapitals um 400 Millionen Euro umfassen. Zudem benötigt die Werft Bürgschaften, um Kredite für den Bau neuer Schiffe zu erhalten. Bis 2027 wird ein Finanzbedarf von fast 2,8 Milliarden Euro prognostiziert.
Ein Sprecher der Geschäftsführung der Werft gab an, dass sich alle beteiligten Parteien – Banken, das Land Niedersachsen sowie das Unternehmen selbst – grundsätzlich auf eine Rettung geeinigt hätten. Dennoch müssen noch einige technische Details geklärt werden, darunter die Umsiedlung der Holdinggesellschaft von Luxemburg nach Papenburg und die Organisation eines Konzernbetriebsrats. Zudem wird eine Neudefinition des Unternehmenswerts erforderlich sein, insbesondere nach dem Erhalt von vier Aufträgen für Kreuzfahrtschiffe vom Disney-Konzern, die den größten Auftrag in der Geschichte des Unternehmens darstellen.
Die Einigung über die Rettungsmaßnahmen hängt jedoch von der Zustimmung des Haushaltsausschusses des Bundestags und der EU-Kommission ab. Aus Regierungskreisen in Berlin wurde berichtet, dass es noch keine finale Entscheidung gibt, aber der Wille zur Rettung der Werft vorhanden ist. Der Bund und das Land Niedersachsen könnten jeweils mit rund 900 Millionen Euro bürgen und vorübergehend 80 bis 90 Prozent der Werft übernehmen.
Ein Gutachten hat der Meyer Werft unter bestimmten Voraussetzungen gute Zukunftsaussichten bescheinigt. Um diese jedoch zu realisieren, muss das Unternehmen wieder Gewinne erzielen. In den letzten Jahren wurde die Werft als „keine Ertragsperle“ beschrieben, was die Dringlichkeit der Sanierungsmaßnahmen unterstreicht. Die Geschäftsführung hat bereits ein Restrukturierungskonzept verabschiedet, das einen Abbau von 340 der mehr als 3.000 Stellen vorsieht. Zudem soll der Unternehmenssitz von Luxemburg zurück nach Deutschland verlegt werden.
Die bevorstehende Betriebsversammlung mit Bundeskanzler Olaf Scholz könnte einen Wendepunkt für die Meyer Werft darstellen. Während sich die Zeichen einer möglichen Rettung mehren, bleibt abzuwarten, ob die erforderlichen politischen und finanziellen Zusagen rechtzeitig getroffen werden können. Die kommenden Wochen werden entscheidend sein für die Zukunft eines der bedeutendsten Schiffbauer Deutschlands.
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