Der mutmaßliche Sturz von Baschar al-Assad in Syrien hat in Deutschland eine intensive Diskussion über die Zukunft syrischer Flüchtlinge entfacht. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) warnt vor voreiligen Spekulationen über eine rasche Rückkehr, wie die Zeit berichtet. Sie bezeichnete solche Überlegungen als „unseriös“. Obwohl der vermeintliche Fall der Assad-Regierung für viele Opfer von Gewalt, Folter und Terror eine Erleichterung darstelle, sei die Lage in Syrien weiterhin unübersichtlich, so Faeser während eines Besuchs in London. Eine realistische Einschätzung der Rückkehrmöglichkeiten sei daher momentan schwierig. Faeser räumte zwar ein, dass viele syrische Flüchtlinge auf eine Rückkehr und den Wiederaufbau ihres Heimatlandes hofften, betonte aber gleichzeitig, dass Spekulationen über konkrete Maßnahmen in der derzeitigen instabilen Situation unangebracht seien.
Angesichts der unsicheren Lage in Syrien hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) vorläufig keine Entscheidungen in laufenden Asylverfahren syrischer Staatsangehöriger mehr getroffen. Laut Faeser wird das Bamf seine Vorgehensweise an die neue Situation anpassen, sobald sich die Lage in Syrien klarer darstellt. Der Tagesspiegel berichtet, dass sich bereits Flüchtlinge aus den Nachbarländern Libanon, Jordanien und der Türkei auf den Weg zurück nach Syrien machen.
Aus der Union werden Forderungen nach einer zügigen Überprüfung des Schutzstatus syrischer Flüchtlinge laut. Alexander Throm (CDU), innenpolitischer Sprecher der Unionsfraktion, erwartet vom Bamf, den Schutzstatus von Syrern zu widerrufen, sobald der Bürgerkrieg beendet sei. Er befürwortet die Unterstützung freiwilliger Rückkehrer, beispielsweise durch Reisebeihilfen und Flüge, bereitet sich aber auch auf Abschiebungen vor, da Flüchtlingsschutz grundsätzlich zeitlich begrenzt sei. Ähnlich äußerte sich AfD-Chefin Alice Weidel gegenüber dem Stern. Sie argumentiert, dass bei vielen Syrern der Fluchtgrund entfallen sei und fordert deren baldige Rückkehr. Der AfD-Innenpolitiker Martin Hess verlangt klare Signale von Deutschland, dass die Zeit des Asyls für die Mehrheit der syrischen Zuwanderer vorbei sei. Die Westdeutsche Zeitung berichtet, dass sich Faeser derzeit in London aufhält, um über das Vorgehen gegen Schleuserbanden zu beraten, die Migranten illegal nach Großbritannien bringen.
Grüne und Linke kritisieren die Forderungen nach Rückführungen vehement. Der Grünen-Politiker Julian Pahlke sieht darin ein innenpolitisch motiviertes Manöver, das den gesellschaftlichen Zusammenhalt gefährde. Jette Nietzard, Co-Vorsitzende der Grünen Jugend, stellt in Frage, ob Syrien nach dem vermeintlichen Ende der Assad-Herrschaft tatsächlich ein freier und demokratischer Staat sein werde. Sie kritisiert den Entscheidungsstopp für Asylanträge als nicht im Interesse der Schutzsuchenden. Die Linken-Politikerin Clara Bünger wirft den Befürwortern von Abschiebungen vor, es gehe ihnen nicht um Frieden und Gerechtigkeit, sondern um die Deportation Hunderttausender. Sahra Wagenknecht (BSW) äußerte gegenüber dem Stern, diejenigen, die in Deutschland die Machtübernahme durch Islamisten bejubelten, sollten schnellstmöglich nach Syrien zurückkehren.
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