22.10.2024
ADHS und Neurodiversität Neue Aufmerksamkeit für ein bekanntes Phänomen

Neurodiversität: Ist ADHS die neue Normalität?

In jüngster Zeit scheint es, als wäre die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) in aller Munde. Prominente wie Simone Biles, Michael Phelps und Eckart von Hirschhausen haben öffentlich über ihre Diagnose gesprochen, und in den sozialen Medien trendet das Thema. Dieser Eindruck, dass „plötzlich alle ADHS haben“, wirft die Frage auf, ob es sich um eine Modediagnose handelt oder ob tatsächlich eine Veränderung in der Häufigkeit der Störung vorliegt.

Experten wie der Psychologe Johannes Streif, stellvertretender Vorsitzender des Selbsthilfe-Dachverbands ADHS Deutschland, betonen, dass ADHS kein neues Phänomen ist. Schätzungen zufolge sind etwa fünf Prozent der Bevölkerung betroffen, was bedeutet, dass eine erhebliche Anzahl von Menschen mit der Störung lebt. Die erhöhte Aufmerksamkeit für ADHS in den Medien und der Gesellschaft führt dazu, dass die Störung enttabuisiert und Betroffenen der Weg zur Diagnose und Behandlung erleichtert wird.

Die Ursachen für ADHS sind komplex und noch nicht vollständig geklärt. Es wird angenommen, dass eine Kombination aus genetischen Faktoren und Umwelteinflüssen eine Rolle spielt. Johannes Streif argumentiert in einem Interview mit dem Online-Magazin Übermedien, dass die Reizüberflutung unserer heutigen Zeit, insbesondere durch die ständige Erreichbarkeit und den Medienkonsum, die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass sich ADHS-Symptome zeigen.

Tatsächlich zeigen Studien, dass Menschen mit ADHS eine höhere Sensibilität gegenüber Reizen aufweisen. Während ein neurotypisches Gehirn in der Lage ist, störende Reize auszublenden und sich auf eine Aufgabe zu konzentrieren, fällt dies Menschen mit ADHS schwerer. Sie nehmen ihre Umwelt intensiver wahr, was zwar positive Aspekte wie Kreativität und Spontaneität fördern kann, aber auch zu Konzentrations- und Aufmerksamkeitsproblemen führt.

Die Diagnose ADHS im Erwachsenenalter ist oft mit einem langen Leidensweg verbunden. Viele Betroffene haben in der Schule, im Beruf und im Privatleben mit den Symptomen der Störung zu kämpfen, ohne zu wissen, dass eine neurobiologische Ursache dahintersteckt. Die FAZ berichtet von Fällen, in denen Betroffene erleichtert auf ihre Diagnose reagieren, da sie endlich eine Erklärung für ihre Schwierigkeiten im Alltag erhalten.

Die Neurodiversitätsbewegung setzt sich dafür ein, neurobiologische Unterschiede wie ADHS nicht als Defizit oder Krankheit, sondern als natürliche Variation des menschlichen Gehirns zu betrachten. Im Vordergrund steht dabei die Idee, dass jeder Mensch einzigartige Stärken und Schwächen hat und dass die Gesellschaft von dieser Vielfalt profitiert.

Jacqueline Leppelt, Beraterin für Vielfalt und Inclusion bei der Unternehmensberatung ICUnet, erklärt im Tagesspiegel, dass Unternehmen durch die Schaffung eines inklusiven Arbeitsumfelds die Potenziale neurodiverser Menschen besser nutzen können. Flexible Arbeitszeiten, die Möglichkeit zum Homeoffice und eine klare Kommunikation sind nur einige Beispiele für Maßnahmen, die dazu beitragen können, dass sich alle Mitarbeiter wohlfühlen und ihre Fähigkeiten optimal einbringen können.

Die zunehmende Sichtbarkeit von ADHS und die Diskussion um Neurodiversität sind wichtige Schritte auf dem Weg zu einer Gesellschaft, die die Individualität und die unterschiedlichen Bedürfnisse aller Menschen anerkennt und wertschätzt.

Quellen:

  • https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/neurodiversitaet-haben-jetzt-alle-adhs-19978811.html
  • https://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/neurodiversitat-hey-ich-habe-adhs-und-brauche-klare-deadlines-10730332.html
  • https://uebermedien.de/83952/warum-haben-auf-einmal-alle-adhs/
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