19.10.2024
Wirtschaft sieht AfD als Standortrisiko für Deutschland
In Deutschland, dem Land der Dichter und Denker, der Ingenieure und Ökonomen, hat sich die politische Landschaft in den letzten Jahren zunehmend diversifiziert. Die Alternative für Deutschland (AfD), einst am rechten Rand des politischen Spektrums angesiedelt, hat sich zu einem festen Bestandteil der deutschen Parteienlandschaft entwickelt. Doch mit der Etablierung der Partei in Parlamenten auf Bundes- und Landesebene wachsen auch die Befürchtungen, insbesondere in der Wirtschaftswelt. Eine aktuelle Umfrage unter führenden Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbänden, durchgeführt vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW), offenbart ein bemerkenswertes Bild: Die AfD wird als politisches Standortrisiko eingeschätzt. Die Wirtschaft in Deutschland ist geprägt von einer stark exportorientierten Industrie, die auf offene Märkte und Freihandelsabkommen angewiesen ist. Die AfD hingegen vertritt in Teilen eine protektionistische Linie, lehnt die aktuelle EU-Politik ab und fordert in extremen Fällen sogar den Austritt Deutschlands aus der Europäischen Union. Diese Positionen stehen im Widerspruch zu den Interessen der Wirtschaftsakteure, die auf den europäischen Binnenmarkt und die Vernetzung mit internationalen Partnern setzen. Die Befragung des IW zeigt, dass die Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbände kaum Überschneidungen mit den wirtschaftspolitischen Zielen der AfD sehen. Die Partei wird durchweg als nicht regierungsfähig angesehen. Knut Bergmann, Wissenschaftler am IW und Leiter des Berliner Hauptstadtbüros, resümiert, dass die deutsche Industrie ihre Wettbewerbsfähigkeit auf das Fundament offener Märkte baut und die Programmatik der AfD damit kaum vereinbar ist. Doch nicht nur die grundsätzliche Ausrichtung der Partei wird kritisch gesehen. Die zunehmende Präsenz der AfD könnte auch konkrete wirtschaftliche Folgen haben. So gibt jeder zweite der befragten Hauptgeschäftsführer an, dass es bereits jetzt Schwierigkeiten gibt, Fachkräfte aus dem Ausland für Regionen zu gewinnen, in denen die AfD besonders stark ist. Dies deutet auf ein Imageproblem hin, das Deutschland als attraktiven Arbeitsort für internationales Fachpersonal gefährdet. Die Skepsis der Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbände wird auch durch Vorfälle wie das Potsdamer Geheimtreffen von Rechtsextremen, an dem AfD-Mitglieder teilgenommen haben, verstärkt. Solche Ereignisse tragen nicht nur zum negativen Bild der Partei bei, sondern mobilisieren auch die Zivilgesellschaft und Wirtschaftsführer zu Protesten und Demonstrationen für Demokratie und Toleranz. Die Umfrage zeigt, dass die AfD es schwer hat, Allianzen mit der Wirtschaft zu schmieden, und das, obwohl die Frustration über die aktuelle Politik der Bundesregierung unter den Wirtschaftsakteuren durchaus vorhanden ist. Im europäischen Vergleich ist es der AfD bisher nicht gelungen, wie etwa die Lega in Italien oder der Rassemblement National in Frankreich, Unterstützung von kleinen und mittelständischen Unternehmen für ihre Politik zu gewinnen. Die Ergebnisse der IW-Studie basieren auf Antworten von 54 Hauptgeschäftsführern der zentralen deutschen Wirtschafts- und Arbeitgeberverbände, die im August 2023 befragt wurden. Es ist jedoch anzumerken, dass sich daraus kein direktes Stimmungsbild für die Unternehmensebene ableiten lässt. Zudem waren ostdeutsche Verbände in der Umfrage unterrepräsentiert, was den tatsächlichen Einfluss der AfD in diesen Regionen möglicherweise unterschätzt. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die AfD aus Sicht der Wirtschaft nicht als konstruktiver Partner wahrgenommen wird. Ihre Positionen und das damit verbundene Image könnten Deutschland langfristig als Wirtschaftsstandort schaden und die Grundlagen des deutschen Erfolgsmodells untergraben. Die Sorgen der Verbände sind unübersehbar und spiegeln eine zunehmende Distanzierung von der Partei wider. Gleichzeitig offenbart die Umfrage auch eine Hilflosigkeit im Umgang mit der AfD, sollte diese weiterhin politische Erfolge verbuchen können.
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