20.10.2024
Anne Applebaum erhält Friedenspreis für Analyse autoritärer Systeme

Die US-amerikanische Publizistin Anne Applebaum hat den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels erhalten. Sie nahm die renommierte Auszeichnung am Sonntag in der Frankfurter Paulskirche entgegen. Wie die FAZ berichtet, habe Applebaum mit ihren tiefgründigen Analysen der kommunistischen und postkommunistischen Systeme der Sowjetunion und Russlands die Mechanismen autoritärer Macht offengelegt, begründete die Jury die Entscheidung.

Mit ihren Forschungen zur Wechselwirkung von Wirtschaft und Demokratie sowie zu den Auswirkungen von Propaganda zeige sie auf, wie zerbrechlich Demokratien sind. Dies sei ein wichtiger Beitrag für die Bewahrung von Demokratie und Frieden.

In ihrer Dankesrede sprach sich die Friedenspreisträgerin für den Einsatz von Waffen in der Ukraine aus. „Um zu verhindern, dass Russland sein autokratisches politisches System verbreitet, müssen wir der Ukraine zum Sieg verhelfen“, sagte die polnisch-amerikanische Historikerin am Sonntag in der Frankfurter Paulskirche. „Wenn wir die Möglichkeit haben, mit einem militärischen Sieg diesen schrecklichen Gewaltkult in Russland zu beenden, so wie ein militärischer Sieg den Gewaltkult in Deutschland beendet hat, dann sollten wir sie nutzen.“

Der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels, der zum 75. Mal vergeben wurde, ist mit 25.000 Euro dotiert. „Die Verleihung des Friedenspreises ist vielleicht ein guter Moment, um darauf hinzuweisen, dass der Ruf nach Frieden nicht immer ein moralisches Argument ist“, sagte Applebaum in der Frankfurter Paulskirche.

„Wer ‚Pazifismus‘ fordert und nicht nur Gebiete an Russland abtreten will, sondern auch Menschen, Prinzipien und Ideale, der hat rein gar nichts aus der Geschichte des 20. Jahrhunderts gelernt“, sagte Applebaum. Die eigentliche Lehre aus der deutschen Geschichte sei nicht, dass Deutsche nie wieder Krieg führen dürfen, „sondern dass sie eine besondere Verantwortung dafür haben, sich für die Freiheit einzusetzen und dabei auch Risiken einzugehen“.

Laudatorin Irina Scherbakowa, Mitbegründerin der mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichneten Menschenrechtsorganisation Memorial, sagte, wenn der Westen früher auf die Analysen Applebaums gehört hätte, hätte die aggressive Politik des russischen Präsidenten Wladimir Putin viel früher gestoppt werden können.

Expertin für osteuropäische Geschichte

Applebaum ist Expertin der osteuropäischen Geschichte und warnte schon früh vor einer Expansionspolitik Putins. Für ihre Bücher wie „Der Gulag“ und die „Die Verlockung des Autoritären“ erhielt sie international große Aufmerksamkeit.

Geboren 1964 in Washington als Kind jüdischer Eltern, studierte Applebaum zunächst an der Yale University Russische Geschichte und Literatur, bevor sie in London und Oxford ihren Schwerpunkt auf Internationale Beziehungen setzte. 1988 begann sie ihre journalistische Karriere als Auslandskorrespondentin in Polen. 2002 wurde sie Mitglied im Herausgebergremium der „Washington Post“, für die sie bis 2019 als Kolumnistin tätig war. Seitdem schreibt sie vornehmlich für die US-amerikanische Zeitschrift „The Atlantic“.

Weitere
Artikel