Die Arbeitslosigkeit von Menschen mit Behinderung stellt bundesweit ein wachsendes Problem dar. Wie die Zeit berichtet, stieg die Anzahl der arbeitslosen Menschen mit Behinderung in Niedersachsen im Jahr 2023 um etwa vier Prozent auf 13.325 an (Zeit Online, 29.11.2024). Dieser Anstieg folgt auf einen Rückgang um vier Prozent im Vorjahr 2022 und verdeutlicht die unsichere Lage dieser Gruppe auf dem Arbeitsmarkt. Die Arbeitslosenquote für Menschen mit Behinderung in Niedersachsen liegt damit bei über zehn Prozent. Der negative Trend setzt sich fort: Im Oktober 2024 waren in Niedersachsen bereits 14.230 Menschen mit Behinderung arbeitslos gemeldet, was einem Anstieg von sechs Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Christina Marx, Sprecherin der Aktion Mensch, sieht in der aktuellen Wirtschaftskrise einen erheblichen Rückschritt für die Chancengleichheit von Menschen mit Behinderung.
Auch in Ostdeutschland ist die Lage prekär. Das Handelsblatt Research Institute und die Aktion Mensch berichten von einem leichten Anstieg der Arbeitslosenquote bei Menschen mit Behinderung in Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen auf über 12,1 Prozent im Jahr 2023 (Volksstimme, 29.11.2024). Im Oktober 2024 lag die Zahl der arbeitslosen Menschen mit Behinderung fast sechs Prozent höher als im Vorjahresmonat. Trotz des bestehenden Fachkräftemangels würden viele Unternehmen offene Stellen nicht mit qualifizierten Bewerbern mit Behinderung besetzen, kritisiert Christina Marx.
Ein Kernproblem ist die unzureichende Umsetzung der Beschäftigungspflicht in Unternehmen. In Niedersachsen sind knapp 17.000 Unternehmen gesetzlich verpflichtet, mindestens fünf Prozent ihrer Arbeitsplätze mit Menschen mit Behinderung zu besetzen. Nur 37 Prozent dieser Betriebe erfüllen diese Quote. Mehr als jedes vierte Unternehmen beschäftigt überhaupt keine Menschen mit Behinderung. Die durchschnittliche Beschäftigungsquote liegt bei 4,2 Prozent, wobei die Privatwirtschaft mit 3,9 Prozent deutlich unter dem Soll liegt (Zeit Online, 29.11.2024). Vergleichbare Zahlen werden auch für Ostdeutschland gemeldet, wo ebenfalls nur 37 Prozent der Unternehmen die Fünf-Prozent-Quote erfüllen (Volksstimme, 29.11.2024).
Auch in Hessen hat sich die Lage verschlechtert. Im Oktober 2024 waren 11.650 Menschen mit Behinderung arbeitslos gemeldet, ein Anstieg von fast sechs Prozent gegenüber dem Vorjahr (Borkener Zeitung, 29.11.2024). Lediglich 42 Prozent der verpflichteten Unternehmen in Hessen erfüllen die Fünf-Prozent-Quote. Die Ausgleichsabgabe, die Unternehmen für jeden unbesetzten Pflichtarbeitsplatz zahlen müssen, wurde zum 1. Januar 2024 erhöht. Es ist fraglich, ob diese Maßnahme die Beschäftigungszahlen von Menschen mit Behinderung positiv beeinflussen wird.
Das Inklusionsbarometer Arbeit der Aktion Mensch und des Handelsblatt Research Institutes, das jährlich seit 2013 erscheint, basiert im Wesentlichen auf Daten der Bundesagentur für Arbeit. Die Studie zeigt, dass die Arbeitslosenquote von Menschen mit Behinderung im Jahr 2023 bei elf Prozent lag, während die allgemeine Arbeitslosenquote bei 5,7 Prozent lag (Aktion Mensch, 29.11.2024). Weniger als 39 Prozent der Arbeitgeber, die der Beschäftigungspflicht unterliegen, erfüllen die Fünf-Prozent-Quote. Die Aktion Mensch fordert einen Bewusstseinswandel in Unternehmen und appelliert daran, auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten freiwerdende Stellen mit Menschen mit Behinderung zu besetzen.