October 3, 2024
Besseres Handynetz im Zug: Fortschritte und Herausforderungen in Deutschland

Wer im Fernzug durch Deutschland reist, kann sich über ein besseres Handynetz als früher freuen. Wie die Deutsche Telekom und die Deutsche Bahn mitteilten, decken die Antennen des Bonner Konzerns inzwischen 99 Prozent der Hauptstrecken, auf denen ICE-Fernzüge und wichtige IC-Züge verkehren, mit einer Datenrate von mindestens 200 Megabit pro Sekunde ab. Das entspricht einer Steigerung von 12 Prozentpunkten im Vergleich zu 2021. Damals startete eine Kooperation zwischen der Bahn und der Telekom, bei der die Bahn Grundstücke für Mobilfunkmasten und Glasfaseranschlüsse bereitstellte. Inzwischen werden sogar 95 Prozent dieser Strecken im Telekom-Netz mit 300 Megabit pro Sekunde oder mehr versorgt, wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) berichtet.

Firmen erfüllen Auflagen der Netzagentur

Vodafone, der Konkurrent der Telekom, deckt 83 Prozent der Hauptstrecken mit mindestens 225 Megabit pro Sekunde ab, Tendenz steigend. Telefónica Deutschland (O2) macht keine Angaben zu den Abdeckungskategorien von 200 Mbit oder mehr, betont aber ebenfalls Fortschritte beim Ausbau. Die Auflage der Bundesnetzagentur, an den Hauptstrecken durchgängig 100 Megabit pro Sekunde anzubieten, erfüllen alle drei Unternehmen eigenen Angaben zufolge. Lediglich in einigen Tunneln und anderen Abschnitten, in denen es nachvollziehbare rechtliche und technische Probleme gibt, herrscht noch Funkstille. Die Unternehmen arbeiten jedoch daran, die Abdeckung entlang der Bahnstrecken weiter zu verbessern. Den Zahlen zufolge hat die Telekom dabei die Nase vorn.

Zugfenster schirmen Funksignal ab

Bei den genannten Datenraten handelt es sich um die Bandbreite, die im Antennenbereich gemessen wird. Die tatsächliche Verbindungsqualität, die bei jedem einzelnen Fahrgast im Zug ankommt, ist jedoch niedriger. Dies liegt daran, dass sich viele Bahnreisende das Funksignal teilen und dass die Fensterscheiben der meisten Fernzüge die Verbindungsqualität beeinträchtigen, da sie das Funksignal abschirmen.

Dass nur ein Teil der Datenraten beim Reisenden ankommt, ist in vielen Fällen unproblematisch: Ein niedriger zweistelliger Megabit-Download-Wert reicht in der Regel aus, um mobile Anwendungen wie Videotelefonate problemlos nutzen zu können. Allerdings kann die Verbindung mitunter sehr schlecht sein oder zwischenzeitlich ganz abbrechen, was zu ärgerlichen Unterbrechungen beim Streaming führen kann.

Schneller Zug, schwierige Verbindung

Technisch gesehen ist die Bereitstellung eines stabilen Handynetzes an Bahnstrecken anspruchsvoller als in Wohngebieten, da die Verbindung bei hoher Geschwindigkeit aufrechterhalten werden muss. Bei einem Videotelefonat beispielsweise wird die Verbindung von Funkzelle zu Funkzelle weitergereicht. Je schneller der Zug fährt, desto schwieriger gestaltet sich die Übergabe der Verbindung.

Auch auf anderen Strecken verbessert sich das Handynetz. Auf den fahrgaststarken Strecken, auf denen bestimmte IC-Züge und wichtige Regionalzüge mit insgesamt mehr als 2000 Fahrgästen pro Tag unterwegs sind, liegt die Telekom inzwischen bei 94 Prozent Abdeckung mit mindestens 200 Megabit pro Sekunde. Das sind 21 Prozentpunkte mehr als noch 2021. Vodafone nennt hier keinen vergleichbaren Wert. Stattdessen gibt das Düsseldorfer Unternehmen an, 94 Prozent dieser Strecken mit mindestens 125 Megabit pro Sekunde abzudecken - der Wert für die 200-Megabit-Schwelle dürfte deutlich niedriger liegen. O2 äußert sich nicht zur Netzqualität auf den fahrgaststarken Strecken.

Telekom zufrieden mit Fortschritten

Im Rahmen der 2021 gestarteten Kooperation haben die Telekom und die Bahn insgesamt einen dreistelligen Millionenbetrag investiert. Gespräche und Online-Verbindungen seien inzwischen auf vielen Strecken "nahezu unterbrechungsfrei möglich", so die beiden Unternehmen. Vodafone schloss 2022 ebenfalls eine Kooperation mit der Deutschen Bahn ab, um den Ausbau voranzutreiben. O2 hat dies bisher nicht getan und baut sein Handynetz an Bahnstrecken ohne einen solchen Rahmenvertrag aus.

Die Zusammenarbeit von Telekom und Bahn zeige, dass Deutschland bei der Digitalisierung vorankomme, sagt Bahn-Chef Richard Lutz. "Die Telekom hat dafür ihr Netz verstärkt und wir als DB haben unsere Fahrzeuge ausgerüstet." Um die Handyverbindungen im Zug zu verbessern, setzt die Bahn auf sogenannte mobilfunkdurchlässige Scheiben. Neue ICE-Züge vom Modell 3neo verfügen bereits über diese Scheiben. Bei älteren Zügen werden Laser eingesetzt, um die Fenster zu bearbeiten. Dabei wird der hauchdünnen Metallschicht, die der Wärmeisolierung dient, ein Muster verpasst, wodurch das Funksignal besser durch die Scheiben dringen kann.

Bisher fängt die Bahn das Funksignal über Antennen außerhalb des Zuges ein und verteilt es über Repeater im Inneren. Bei den mobilfunkdurchlässigen Scheiben ist dies nicht mehr nötig, da das Funksignal stark genug durch das Fenster dringt, um dem Nutzer auch ohne den Umweg über den Bahn-Repeater eine gute Verbindung zu ermöglichen. Von den 410 Zügen der ICE-Flotte der Bahn sind 24 hochmoderne ICE 3neo, die bereits mit den mobilfunkdurchlässigen Fenstern ausgestattet sind. Der Anteil der älteren Fernzüge, bei denen die Fenster nachträglich verbessert wurden, ist zwar noch gering, wächst aber stetig.

Fahrgastverband nur verhalten zufrieden

Der Fahrgastverband Pro Bahn begrüßt die Fortschritte, zeigt sich aber nicht vollständig zufrieden. "Wir haben immer noch Funklöcher oder schlechte Verbindungen, wenn man im Zug durch Deutschland fährt", sagt der Bundesvorsitzende Detlef Neuß. "Andere Staaten der Welt sind da viel weiter - das ist ein Armutszeugnis für Deutschland." Neuß wohnt am Niederrhein, wo Verbindungsabbrüche auf Bahnfahrten seinen Worten zufolge noch immer an der Tagesordnung sind. Auch an Gleisen in Ostdeutschland sei das Handynetz mancherorts mangelhaft.

Auch die Telekom räumt ein, dass es noch Schwachstellen im Netz gibt, etwa in Naturschutzgebieten. Als Beispiel nennt der Bonner Konzern die Strecke zwischen Berlin und Rostock, die durch den Müritz-Nationalpark führt. Dort konnte erst nach jahrelangen Verhandlungen über den Mobilfunkausbau eine Einigung mit den Naturschutzbehörden erzielt werden. Bis 2026 soll die Strecke vollständig abgedeckt sein. "Die Versorgung von herausfordernden Strecken durch Nationalparks, Berge, bewaldete Täler oder durch Tunnel benötigt einen langen Atem", sagt Telekom-Chef Tim Höttges. "Auch hier werden wir nicht nachlassen."

Quelle: https://www.zeit.de/news/2024-10/03/handynetz-an-bahnstrecken-wird-besser-aber-noch-luecken-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-241003-930-250558

Weitere
Artikel