Der französisch-algerische Schriftsteller Boualem Sansal wird seit seiner Ankunft in Algier am 16. November vermisst. Wie die FAZ berichtet, äußerte sich der französische Präsident Emmanuel Macron am Freitag „sehr besorgt über das Verschwinden“ des 75-jährigen Intellektuellen. Sansal habe sich seit seiner Ankunft am Flughafen von Algier nicht mehr bei seinen Angehörigen gemeldet. Die Zeitschrift „Marianne“ berichtete, Sansal sei bei seiner Ankunft von der algerischen Polizei festgenommen worden. Diese Information wurde bisher von offizieller Seite nicht bestätigt.
Sansal ist bekannt für seine kritische Auseinandersetzung mit dem Islamismus und der, seiner Ansicht nach, falsch verstandenen Toleranz in westlichen Gesellschaften. In seinem Roman „Der Schwur der Barbaren“ beschreibt er den Aufstieg islamischer Fundamentalisten in seiner Heimat Algerien. Wie die FAZ weiter ausführt, waren Sansals Bücher bislang in Algerien frei erhältlich. Der Autor war auch ein regelmäßiger Gast in der deutschen Botschaft in Paris und nahm Anfang Oktober am Empfang zur deutschen Einheit teil. In seinem Buch „Das Dorf des Deutschen: Das Tagebuch der Brüder Schiller“ setzt sich Sansal mit dem Holocaust aus der Perspektive eines jungen Algeriers auseinander.
In Frankreich löste das Verschwinden Sansals Besorgnis und Forderungen nach Aufklärung aus. So zitierte die FAZ den rechtsbürgerlichen Präsidentschaftskandidaten Edouard Philippe mit den Worten: „Er verkörpert alles, was wir schätzen: den Aufruf zur Vernunft, zur Freiheit und zum Humanismus gegen Zensur, Korruption und Islamismus“. Auch Laurent Wauquiez, Fraktionsvorsitzender der Republikaner, forderte die französische Regierung auf, alle Druckmittel auf Algerien zu aktivieren, um die Freilassung Sansals zu erreichen. Marine Le Pen, Fraktionsvorsitzende des Rassemblement National, schloss sich dieser Forderung an und bezeichnete Sansal als „Freiheitskämpfer und mutigen Gegner des Islamismus“. Die FAZ merkt an, dass Sansal auf der politischen Linken umstritten ist.
Das Verschwinden Sansals ereignet sich in einer Zeit angespannter Beziehungen zwischen Frankreich und Algerien. Wie die FAZ berichtet, befinden sich die Beziehungen auf einem Tiefpunkt, seit Präsident Macron Ende Juli den marokkanischen Autonomieplan für die Westsahara akzeptiert hat. Algerien, das die saharauische Unabhängigkeitsbewegung Frente Polisario unterstützt, hat Paris daraufhin mit Repressalien gedroht und wirft Frankreich einen Verstoß gegen das Völkerrecht vor.
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