September 30, 2024
Debatte um Antisemitismus nach Vorfall im Programmkino

Ein Eklat in einem Wiesbadener Programmkino im Januar dieses Jahres hatte hohe Wellen geschlagen und eine Debatte über Antisemitismus in Deutschland ausgelöst. Fünf Schüler einer Berufsschule sollen am Ende des Films „Die Wannseekonferenz“ applaudiert haben. Die Staatsanwaltschaft leitete daraufhin ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Volksverhetzung ein, da der Verdacht bestand, dass die Jugendlichen durch ihr Verhalten den Verbrechen des Nationalsozialismus und dem Holocaust applaudiert hatten. Das Verfahren wurde jedoch am 11. September eingestellt, wie ein Sprecher der Staatsanwaltschaft mitteilte.

„Die eingeleiteten Ermittlungen hatten keinen hinreichenden Tatverdacht gegen die beschuldigten Personen ergeben“, so der Sprecher gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Die fünf Beschuldigten hatten den Vorwurf des Antisemitismus zurückgewiesen. Ausschlaggebend für die Einstellung des Verfahrens war laut Staatsanwaltschaft, dass nicht eindeutig geklärt werden konnte, wann genau die Schüler applaudierten – ob gegen Ende des Films oder in dem Moment, als die Anzahl der im Holocaust ermordeten Juden eingeblendet wurde.

Der Vorfall hatte sich während einer Filmvorführung für Schulklassen ereignet. Rund 60 Schüler und mehrere Lehrer waren anwesend. Die fünf Beschuldigten wurden nach dem Vorfall von den Lehrkräften ermahnt und von der Schule für zwei Wochen suspendiert. Hessens Kultusminister Armin Schwarz (CDU) zeigte sich entsetzt über den Vorfall und kündigte eine umfassende Aufarbeitung an.

Das Kultusministerium wollte die Einstellung des Verfahrens nicht kommentieren, betonte aber, dass es nach dem Vorfall eine intensive pädagogische Begleitung der betroffenen Schüler gegeben habe, unter anderem in Zusammenarbeit mit dem Anne-Frank-Zentrum. Darüber hinaus habe das Staatliche Schulamt weitere Präventionsmaßnahmen initiiert. „Antisemitismus, Aggressionen und Hassgefühle gegenüber Israel sind mit unseren Werten unvereinbar und haben an unseren Schulen keinen Platz“, so ein Sprecher des Ministeriums.

Steve Landau, Geschäftsführer der jüdischen Gemeinde in Wiesbaden, zeigte sich weiterhin betroffen von dem Vorfall. „Es geht nicht darum, die jungen Leute zu bestrafen. Es gilt, eine Lehre daraus zu ziehen, wie man junge Menschen an das Thema im schulischen Kontext heranführt“, sagte er im Gespräch mit der F.A.Z. Landau betonte, dass „Die Wannseekonferenz“ ein Film sei, der Betroffenheit auslöse und zum Nachdenken anrege.

Der Vorfall in Wiesbaden ereignete sich in einer Zeit zunehmender antisemitischer Tendenzen in Deutschland und weltweit. Landau verwies in diesem Zusammenhang auf die jüngsten Terroranschläge der Hamas auf Israel und die darauffolgende Welle antisemitischer Übergriffe. Der Vorfall unterstreicht die Notwendigkeit einer kontinuierlichen Auseinandersetzung mit Antisemitismus und der Förderung von Toleranz und Demokratieverständnis, insbesondere im schulischen Kontext.

Quelle: https://www.faz.net/aktuell/rhein-main/region-und-hessen/wiesbaden-verfahren-wegen-holocaust-applaus-eingestellt-110019125.html

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