19.10.2024
Ein Blick auf die Zukunft nach Trump

Ein Blick in die Nach-Trump-Zeit

Der Parteitag der Republikaner in Milwaukee ist ein wichtiger Meilenstein in der US-Präsidentschaftswahl 2024. Hier wird die Zukunft der Partei und der "MAGA"-Bewegung diskutiert. J.D. Vance ist nun der gesetzte Nachfolger Donald Trumps. Im Falle eines Wahlsiegs käme 2028 seine Zeit. Geht es für die beiden schief im November, werden auch andere ein Wort über die Zukunft mitreden.

Es ist der Aufmarsch der einstigen Rivalen. Als Nikki Haley am Dienstagabend auf der Parteitagsbühne in Milwaukee erscheint, wird sie zurückhaltend bis höflich empfangen; einige Buh-Rufe gegen die Konkurrentin Donald Trumps in den jüngsten Vorwahlen gibt es auch. Trump selbst erhebt sich von seinem Platz und applaudiert.

Haley weiß, es ist ein heikler Auftritt. Sie muss sich biegsam zeigen. Leise sagt sie, "Präsident Trump" habe sie gebeten, hier zu sprechen – als Zeichen der Geschlossenheit. "Zum Wohle des Landes" müsse man an der Seite Trumps stehen, sagt sie. Es folgt die Pointe: Es gebe einige Amerikaner, die nicht zu hundert Prozent mit Trump übereinstimmten. Sie kenne einige von ihnen, sagte sie augenzwinkernd mit Blick auf ihre Wähler. Ihre Botschaft laute: Das müssten sie auch nicht. Sie tue es ja auch nicht. Aber es gebe mehr Übereinstimmungen als Differenzen.

Auf Haley folgt Ron DeSantis, der Gouverneur von Florida, der sich ebenfalls vor Trump verneigt: Das Land brauche einen wirklichen Anführer. Das Land brauche Trump. Ironische Pointen sind nicht seine Sache. DeSantis hatte Trump in den Vorwahlen vorgeworfen, Wahlkampfspenden zu sammeln, um seine Anwaltskosten zu begleichen. Und er hatte gesagt: Trump mobilisiere die falschen Wähler, nämlich jene der Demokraten. Haley wiederum hatte gesagt, Trump sei nicht qualifiziert für das Amt. Er sei gestört und könne auch keine Wahl gewinnen. All das ist nun vergessen. Die beiden Männer trafen sich im Frühjahr und begruben das Kriegsbeil. Und die frühere Gouverneurin South Carolinas hatte kurz vor dem Parteitag ihre Delegierten aufgerufen, für Trump zu stimmen.

Seit Montag ist die Zukunft der Partei etwas klarer. Trumps offizielle Nominierung zum Präsidentschaftskandidaten wurde zu einer kollektiven Huldigung. Er ist die Partei. Da besteht kein Zweifel. Klar ist aber auch, dass Trump im Falle eines Wahlsiegs im November spätestens im Januar 2029 abtreten muss. Der 22. Zusatzartikel zur Verfassung, der während der Präsidentschaft Harry Trumans in Kraft trat, schreibt vor, dass kein Präsident für mehr als zwei Amtszeiten gewählt werden darf.

1940 hatte Trumans Vorgänger Franklin D. Roosevelt angesichts der Gefahr durch den Krieg in Europa, in den Amerika noch nicht direkt involviert war, entschieden, für eine dritte Amtszeit anzutreten – und 1944 gar für eine vierte. Roosevelt, der ein Jahr später starb, brach als einziger Präsident mit der von George Washington begonnenen Tradition, sich nicht für eine dritte Amtszeit wählen zu lassen. Trump ist zwar dafür bekannt, es mit Recht und Gesetz nicht so genau zu nehmen. Das Verfassungsrecht ist in dieser Frage aber eindeutig – und selbst im Falle eines Erdrutschsieges im November, in dem auch der Senat und das Repräsentantenhaus an die Republikaner fielen, würde er nicht über eine verfassungsändernde Mehrheit verfügen.

Die Zukunft der "MAGA"-Bewegung

2028 muss die Partei mit einem anderen Kandidaten ins Rennen gehen. Trumps Entscheidung, J. D. Vance zu seinem "running mate" zu machen, ist mehr als eine Personalie über das Zum Inhalt springen

Der 78-Jährige erschien früher als zunächst von der Partei angekündigt und hörte den Reden seiner einstigen Konkurrenz somit persönlich zu. An seinem rechten Ohr trug er nach dem Attentat vom Wochenende erneut einen weißen Verband. Er wirkte am zweiten Tag des Parteispektakels deutlich fitter als am ersten, reckte mehrmals seine Faust in die Höhe und zeigte mit dem Finger in die jubelnde Menge. Die drängelte sich vor der Tribüne, um einen Blick aus nächster Nähe zu erhaschen.

Für Trump ist der demonstrative öffentliche Beistand seiner einstigen Konkurrenten beim Parteitag ein großer Erfolg. Sowohl DeSantis als auch Haley hatten zwar bereits vorher ihre Unterstützung kundgetan. Von ihrem Auftritt beim Parteitag in Milwaukee dürfte aber eine Signalwirkung ausgehen - die Reihen dürften sich noch weiter hinter dem Ex-Präsidenten schließen.

«Wir haben ein Land zu retten»

Haley richtete sich in ihrer Rede an Trump-Skeptiker. «Wir sollten anerkennen, dass es einige Amerikaner gibt, die nicht zu hundert Prozent mit Donald Trump übereinstimmen. Ich kenne zufällig einige von ihnen, und ich möchte heute Abend zu ihnen sprechen», sagte sie. Auch sie sei eine von ihnen, sagte die einstige Gouverneurin des US-Bundesstaats South Carolina. «Ich bin heute Abend hier, weil wir ein Land zu retten haben, und eine geeinte Republikanische Partei ist unerlässlich, um es zu retten.»

Trump holt sich mit Vance einen Scharfmacher an seine Seite. Mit dem Duo ist trotz der Furcht vor einer Gewaltspirale nach dem Attentat auf Trump nicht mit gemäßigteren Tönen im Wahlkampf zu rechnen. Der einstige Trump-Kritiker Vance gilt mittlerweile als enger Verbündeter des früheren US-Präsidenten und ist mit seinen 39 Jahren ein aufstrebender Star in der Republikanischen Partei.

Kurz nach der Verkündung der mit Spannung erwarteten Personalie bestätigte der Parteitag im Bundesstaat Wisconsin die Nominierung offiziell. Die Delegierten wählten zu Beginn der Großveranstaltung auch Trump zum Kandidaten für die Präsidentenwahl. Der Schritt galt nach dessen Sieg bei den parteiinternen Vorwahlen als Formalie.

Aufsehenerregender Auftritt Trumps bei Parteitag

Am späten Abend trat Trump erstmals nach dem Attentat wieder öffentlich auf. Der 78-Jährige trug eine Art weißen Verband am Ohr, reckte erneut die Faust in die Höhe und wurde in der Veranstaltungshalle von den Delegierten bejubelt. Er zeigte sich gemeinsam mit Vance - auf eine Rede auf der Bühne verzichtete er. Die wird erst in der Nacht zu Freitag deutscher Zeit erwartet. Vance wiederum soll schon in der Nacht zu Donnerstag vor den Delegierten sprechen.

Trump holt sich Bestseller-Autoren an seine Seite

Erst seit 2023 sitzt Vance für den Bundesstaat Ohio im Senat und gilt als rechter Hardliner. Sollte Trump die Präsidentenwahl im November gewinnen, wäre Vance einer der jüngsten Vizepräsidenten in der US-Geschichte. Er feierte einst mit seinen Memoiren «Hillbilly-Elegie» Erfolge. Der Bestseller gibt Einblick in eine Gesellschaftsschicht, die 2016 den Wahlsieg Trumps mit ermöglicht hatte.

Vance war bereits länger im Gespräch

Vance nimmt kein Blatt vor den Mund und teilt gern aus. Nach dem Attentat auf Trump begann er sofort zu hetzen und machte Biden persönlich für die Attacke verantwortlich. Im Senat votierte er im Frühjahr gegen die milliardenschwere Hilfe für die von Russland angegriffene Ukraine.

Zum Parteitag in Milwaukee kam der Senator mit seiner Ehefrau Usha Chilukuri Vance. Die Juristin lernte Vance an der Elite-Universität Yale kennen. Sie ist Tochter indischer Einwanderer. Das Paar schüttelte zahlreiche Hände und ließ sich feiern. Die Menge rief "USA, USA, USA". Vance galt schon länger als Favorit für die Position des "Running Mate" -

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