16.11.2024
FDP und Ampel-Aus Planungen oder Reaktion

Lindner zur Ampel-Aus-Vorbereitung: „Wo ist die Nachricht?“

Christian Lindner, Vorsitzender der FDP, reagierte am Samstag bei einem Bürgerdialog in Berlin gelassen auf die aktuellen Medienberichte über eine angebliche wochenlange Vorbereitung seiner Partei auf das Ende der Ampel-Koalition. Wie die F.A.Z. berichtet, stellte er die Frage: „Wo ist die Nachricht?“, und verwies darauf, dass Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) selbst eingeräumt habe, bereits im Sommer über Lindners Entlassung nachgedacht zu haben. Lindner betonte außerdem, dass die FDP die Koalition ohne eine Wirtschaftswende ohnehin verlassen hätte müssen. Deshalb habe er Scholz einen gemeinsamen, geordneten Weg zu Neuwahlen vorgeschlagen.

Die „Zeit“ und die „Süddeutsche Zeitung“ hatten berichtet, die FDP habe sich seit Ende September konkret auf das Ende der Koalition vorbereitet. In mehreren Treffen, an denen unter anderem die damaligen FDP-Minister teilgenommen hätten, seien verschiedene Szenarien durchgespielt worden. Die Zeitungsberichte stützen sich auf Aussagen mehrerer Personen, die mit den Vorgängen vertraut seien, sowie auf Dokumente aus dieser Zeit. Die FDP bestreitet die Planungstreffen nicht. Ein Parteisprecher bestätigte gegenüber der F.A.Z. und der „Zeit“, dass in den vergangenen Monaten „immer wieder und in verschiedenen Runden eine Bewertung der Regierungsbeteiligung“ stattgefunden habe. Dabei seien „selbstverständlich“ auch Szenarien erwogen und Stimmungsbilder eingeholt worden.

In den Tagen vor Lindners Äußerung hatten sich SPD und FDP gegenseitig vorgeworfen, das Ende der Koalition provoziert zu haben. Lindner warf Scholz eine „Entlassungsinszenierung“ vor. Die Recherchen der „Zeit“ werfen nun die Frage auf, wer tatsächlich auf wen reagiert hat. Sollten die Planungen von Scholz eine Reaktion auf die Planungen der FDP gewesen sein, wäre es für die FDP schwierig, sich weiterhin so überrascht zu geben, wie sie es in den vergangenen Tagen getan hat. Wie die F.A.Z. berichtet, ließ Scholz kurz vor dem Bruch der Koalition Reden für verschiedene Szenarien vorbereiten, von denen er schließlich die passende vom Teleprompter ablas. Lindner hatte die Rede von Scholz mehrfach als „genau vorbereitet“ bezeichnet, was den Eindruck erweckte, er sei überrascht gewesen, dass Scholz sich auf seine Entlassung eingestellt hatte.

Die SPD reagierte empört auf die Berichte. Arbeitsminister Hubertus Heil schrieb auf X (ehemals Twitter), er sei „tief erschüttert über dieses Verhalten der FDP“. Gesundheitsminister Karl Lauterbach nannte den Vorgang eine „unfassbare Enttäuschung“. Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt kommentierte die Berichte mit einem knappen „aha“. Auch Äußerungen des neuen Bundesfinanzministers Jörg Kukies (SPD) hatten zuvor für Wirbel gesorgt. Auf die Frage, wann er von seiner neuen Aufgabe erfahren habe, antwortete Kukies beim Wirtschaftsgipfel der „Süddeutschen Zeitung“: „sehr kurz davor“, genauer: „Einen Tag vor dem Koalitionsausschuss haben wir zum ersten Mal abstrakt darüber gesprochen, dass das eine Möglichkeit sein könnte.“

Beim Bürgerdialog in Berlin spielte das Thema zunächst keine Rolle. Die Gäste stellten Fragen zur Wirtschaft, dem Ukrainekrieg, Steuern, Paragraph 218 und Demokratie. Erst gegen Ende der Veranstaltung meldete sich ein junger Mann zum Thema Ampel und äußerte seine Enttäuschung über Lindner. Lindner antwortete, auch er habe den Koalitionsvertrag gut gefunden, der Text sei jedoch von den Koalitionspartnern unterschiedlich interpretiert worden.

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