19.10.2024
Finanzielle Herausforderungen der Landräte: Ausstieg aus dem Deutschlandticket in Aussicht

Kommunen: Landräte drohen mit Ausstieg aus Deutschlandticket

In Sachsen-Anhalt haben die Landräte ein deutliches Signal gesetzt: Sie drohen mit einem Ausstieg aus dem Deutschlandticket, wenn die finanzielle Unterstützung durch das Land nicht verbessert wird. Götz Ulrich, Präsident des Landkreistages Sachsen-Anhalt und Landrat des Burgenlandkreises, äußerte sich nach einer Konferenz der Landräte in Naumburg und betonte, dass die Fortsetzung des Deutschlandtickets angesichts der vom Finanzministerium in Aussicht gestellten Unterfinanzierung nicht mehr möglich sei. Diese Situation hat die Landräte dazu veranlasst, den Kreistagen vorzuschlagen, zum 1. Januar 2025 aus dem Deutschlandticket auszusteigen.

Der Hintergrund dieser Drohung ist ein anhaltender Streit um die Kommunalfinanzen in Sachsen-Anhalt. Die Landräte werfen der Landesregierung vor, die Haushaltslage der Landkreise zu schöngerechnen und unrealistische Einnahmen zugrunde zu legen. Dies führe zu einer weiteren Finanzierungslücke von rund 94 Millionen Euro im Jahr 2025 und von etwa 110 Millionen Euro im Jahr 2026. Das bereits bestehende Haushaltsdefizit der Landkreise von rund 157 Millionen Euro im Jahr 2024 könnte sich somit erheblich verschärfen.

Infrastrukturministerin Lydia Hüskens (FDP) reagierte überrascht auf die Ankündigung der Landräte. Sie sieht den Beschluss als Symbol für die finanzielle Gesamtsituation der Landkreise und betont, dass Bund und Länder gemeinsam die Defizite der Verkehrsunternehmen, die durch das Deutschlandticket entstehen, finanzieren. Dennoch bleibt die Frage, ob diese Unterstützung ausreicht, um die finanziellen Herausforderungen der Landkreise zu bewältigen.

Die Landräte haben bereits angekündigt, Einschnitte in den kommunalen Dienstleistungen vorzunehmen, um die finanzielle Situation zu stabilisieren. Markus Bauer, Landrat des Salzlandkreises, erklärte, dass die Aufgabenwahrnehmung an die tatsächliche Kassenlage angepasst werden müsse. Dies könnte bedeuten, dass freie Stellen nicht wiederbesetzt werden, Verwaltungs- und Genehmigungsverfahren langsamer ablaufen und die Sprechzeiten in den Landratsämtern reduziert werden. In extremen Fällen könnte sogar die zeitweise Schließung öffentlicher Gebäude in Betracht gezogen werden.

Die Diskussion um das Deutschlandticket und die finanzielle Lage der Landkreise wirft auch größere Fragen zur Zukunft des öffentlichen Nahverkehrs in Deutschland auf. Die Landräte fühlen sich durch die aktuellen finanziellen Rahmenbedingungen unter Druck gesetzt und fordern eine Neubewertung der Finanzierungsmodelle für den ÖPNV. Der Druck auf die Kommunen wächst, da sie als Aufgabenträger des öffentlichen Nahverkehrs dafür verantwortlich sind, wie Busse und Bahnen betrieben werden und welche Kosten dabei entstehen.

Die Landesregierung hat in der Vergangenheit versprochen, die tatsächliche Einnahmeentwicklung der Landkreise im Finanzausgleich zu berücksichtigen, doch viele Landräte sehen dies als nicht eingehalten an. Ariane Berger, Geschäftsführerin des Landkreistages, kritisierte die Verwendung fiktiver Zahlen und bezeichnete dies als Verletzung des Rechts auf kommunale Selbstverwaltung. Sie kündigte an, dass die Landkreise auch eine Überprüfung des Gesetzes beim Landesverfassungsgericht in Betracht ziehen.

Die Situation ist angespannt, und es bleibt abzuwarten, wie die Landesregierung auf die Forderungen der Landräte reagieren wird. Ein Ausstieg aus dem Deutschlandticket könnte nicht nur die finanzielle Lage der Landkreise weiter verschärfen, sondern auch Auswirkungen auf die Nutzer des öffentlichen Nahverkehrs haben, die auf ein funktionierendes und bezahlbares System angewiesen sind.

Die Diskussion um das Deutschlandticket und die Kommunalfinanzen ist ein Beispiel für die Herausforderungen, vor denen viele Kommunen in Deutschland stehen. Die finanziellen Rahmenbedingungen sind oft nicht ausreichend, um die notwendigen Dienstleistungen aufrechtzuerhalten, und die Kommunen sehen sich gezwungen, schwierige Entscheidungen zu treffen, die letztlich die Bürger betreffen.

Die kommenden Monate werden entscheidend sein, um zu sehen, ob die Landräte ihre Drohung wahrmachen und aus dem Deutschlandticket aussteigen oder ob es der Landesregierung gelingt, eine Lösung zu finden, die sowohl die finanziellen Bedürfnisse der Landkreise als auch die Anforderungen an den öffentlichen Nahverkehr berücksichtigt.

Quellen: dpa, MDR, Zeit Online

Weitere
Artikel