17.10.2024
Frankfurter Buchmesse und Italiens Gastauftritt: Gratwanderung zwischen Historie und Politik

Frankfurter Buchmesse: Der schmale Grat zwischen Tradition und Propaganda

Die Frankfurter Buchmesse, jährlich ein Schauplatz für literarische Vielfalt und interkulturellen Austausch, sieht sich 2024 mit einer besonderen Herausforderung konfrontiert: Das Gastland Italien, repräsentiert durch eine Regierung mit postfaschistischen Wurzeln, wirft Fragen nach der Vereinnahmung kultureller Ereignisse für politische Zwecke auf.

Der Slogan des italienischen Gastauftritts, „Radici nel Futuro“ – „Verwurzelt in der Zukunft“, mag auf den ersten Blick unverfänglich erscheinen. Für Luciano Cheles, Kunsthistoriker und Experte für die Ikonografie der italienischen Rechten, schwingt in dieser Wortwahl jedoch ein Beigeschmack mit. In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung am Rande der Buchmesse betont er die Ähnlichkeit zu Formulierungen, die während der Zeit des italienischen Faschismus geläufig waren. Die Verwendung solcher Symbolik, so Cheles, sei kein Zufall, sondern Teil einer bewussten Strategie, die darauf abziele, die Geschichte zu verklären und eine Kontinuität zwischen der Mussolini-Ära und der Gegenwart herzustellen.

Tatsächlich ist die italienische Regierung unter Giorgia Meloni nicht davor zurückgeschreckt, die eigene Verbundenheit mit der Vergangenheit Italiens zu betonen. Die Betonung traditioneller Werte und nationaler Identität, die sich auch in der Weigerung Melonis zeigt, den Begriff „Faschismus“ eindeutig zu verurteilen, hat international Besorgnis ausgelöst. Vor diesem Hintergrund erscheint die Gestaltung des italienischen Gastpavillons auf der Frankfurter Buchmesse in einem neuen Licht. Die Architektur, eine Piazza mit umlaufendem Säulengang, erinnert unweigerlich an die Monumentalbauten des faschistischen Regimes.

Die Frage, die sich stellt, ist, wo die Grenze zwischen der Bezugnahme auf die eigene Geschichte und der Instrumentalisierung kultureller Ereignisse für politische Zwecke verläuft. Die Frankfurter Buchmesse, die sich der Meinungsfreiheit und der kritischen Auseinandersetzung verpflichtet sieht, steht vor der Herausforderung, diesen schmalen Grat zu beschreiten.

Quellen:

  • „Historiker über Ikonografie auf Frankfurter Buchmesse: 'Die Propagandisten sind sehr geschickt'“. In: Süddeutsche Zeitung, 17. Oktober 2024. https://www.sueddeutsche.de/kultur/frankfurter-buchmesse-faschismus-mussolini-ikonografie-sprache-historiker-lux.EzxmULqvTLo1uqPhzVdZ5G
Weitere
Artikel